Donnerstag, 27.07.2017 / 20:01 Uhr

Tempelberg: Tödliche Propaganda

Von
Gastbeitrag von Alex Feuerherd

Die neuerlichen Ausschreitungen am Tempelberg sind keine Folge israelischer Repressalien gegen Muslime, sondern das Resultat antisemitischer Propaganda. Sie richten sich nicht gegen Metalldetektoren oder Überwachungskameras, sondern gegen die Existenz des jüdischen Staates. Nicht wenige Medien billigen den Gewalttaten jedoch einen rationalen Kern zu.

Es mag müßig sein, die Nahostberichterstattung immer wieder einer Kritik zu unterziehen, doch sie widerspruchslos hinzunehmen, wäre nachgerade töricht. Die Geschehnisse des vergangenen Wochenendes in Jerusalem firmieren beispielsweise bei der öffentlich-rechtlichen deutschen Tagesschau als „Tempelberg-Streit“, die FAZ rubriziert sie unter „Krise am Tempelberg“, und Spiegel Online schreibt vom „Brennpunkt Tempelberg“. Streit, Krise, Brennpunkt – das sind äquidistante Begrifflichkeiten, mit denen folglich zum Ausdruck gebracht wird, dass an der neuerlichen Eskalation beide Seiten gleichermaßen schuld sein sollen, Israelis wie Palästinenser. Ausgewogen soll sich das anhören und damit irgendwie fair und gerecht. Es spiegelt aber nicht die Realität wider – obwohl es genau darum doch eigentlich zu gehen hätte –, sondern vernebelt sie vielmehr.

In Wirklichkeit wurden eine Woche zuvor zwei israelische Polizisten in der Nähe des Tempelbergs erschossen, von drei muslimischen Männern nämlich, die ihre Waffen zuvor auf eben diesem Tempelberg deponiert hatten. Jeder Staat würde nach einem solchen Ereignis selbstverständlich geeignete Maßnahmen ergreifen, um möglichst zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Metalldetektoren sind eine solche geeignete Maßnahme. In Israel gehören sie ohnehin zum Alltag, sie stehen beispielsweise am Flughafen, an Bahnhöfen, in Behörden, in Einkaufszentren. Und auch an den Zugängen zur Klagemauer in Jerusalem, also an der heiligsten Stätte des Judentums. Der Islam kennt solche Gerätschaften ebenfalls, etwa in Mekka. Niemand protestiert dagegen, niemand fühlt sich durch sie benachteiligt.

Am Tempelberg aber reagieren die Palästinenser auf die Metalldetektoren mit Ausschreitungen, die Tote und Verletzte zur Folge haben. Und das finden manche großen deutschen Medien nicht etwa absurd, sondern im Gegenteil durchaus nachvollziehbar: „Die Palästinenser fürchten, dass Israel durch die veränderten Sicherheitskontrollen Muslimen den Zugang zur Al-Aqsa-Moschee erschwert und dadurch immer mehr Kontrolle über das Plateau erlangt“, schreibt zum Beispiel die FAZ. In der Süddeutschen Zeitung heißt es: „Es mag nach einer kruden These klingen, dass Israel versucht, den Tempelberg Schritt für Schritt unter seine Kontrolle zu bringen, bis es allein entscheidet, wer wann hierher darf. Die Vorstellung aber passt perfekt in die Erfahrungswelt vieler Palästinenser.“

Antisemitische Propaganda mit mörderischen Folgen

So rationalisiert man sich die Hysterie zurecht – und schon liegen Schuld und Verantwortung wieder beim jüdischen Staat. Dort gehören sie aber nicht hin, denn das Problem heißt: Antisemitismus. Und das nicht erst seit dem vergangenen Wochenende. Das Märchen von den Juden, die angeblich die Muslime vom Tempelberg vertreiben und die Al-Aksa-Moschee zerstören wollen, ist vielmehr ein ganz altes. Schon 1929 führte es zum antijüdischen Massaker von Hebron, seitdem wird es immer wieder aufgewärmt, wobei die Anlässe wahlweise nichtig oder sogar gänzlich frei erfunden sind. Mal heißt es, Israel wolle auf dem Tempelberg ein künstliches Erdbeben auslösen, mal sollen die dortigen archäologischen Grabungsarbeiten angeblich nur dazu dienen, die Al-Aksa-Moschee zum Einsturz zu bringen. Mal genügen ein paar betende Juden, um für gewaltsame Angriffe zu sorgen, und mal eben ein paar Metalldetektoren, mit denen der Waffentransport auf den Tempelberg unterbunden werden soll.

Vorbereitet und begleitet werden solche Attacken stets mit antisemitischer Propaganda: vonseiten des jeweils amtierenden Großmuftis von Jerusalem, vonseiten der Hamas, vonseiten der Autonomiebehörde und ihres Präsidenten Mahmud Abbas, der, um nur ein Beispiel zu nennen, vor knapp zwei Jahren im offiziellen Fernsehsender der PA sagte: „Die Al-Aksa-Moschee gehört uns, die Grabeskirche gehört uns. Sie [die Juden] haben kein Recht, sie mit ihren dreckigen Füßen zu beschmutzen. Wir werden ihnen das nicht erlauben, und wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um Jerusalem zu beschützen. […] Wir segnen jeden Tropfen Blut, der für Jerusalem vergossen wurde. Es ist sauberes und reines Blut, Blut, das für Allah vergossen wurde, so Allah es will. Jeder Märtyrer wird das Paradies erreichen, und jeder Verwundete wird von Allah belohnt werden.“

Angesichts dieser omnipräsenten Hetze ist es keine Überraschung, wenn ein 19-jähriger Palästinenser im Westjordanland eine jüdische Familie in deren eigener Wohnung beim Sabbatmahl abschlachtet, nachdem er zuvor auf Facebook angekündigt hat, für die Al-Aksa-Moschee töten und selbst sterben zu wollen. Die Mutter des Täters ist übrigens stolz auf ihren Sohn, wie sie selbst sagt, und verteilt Süßigkeiten an Gäste, die das Attentat lobpreisen. Den Vater lässt die Tagesschau erst einfühlsam seine Tränen aus dem Gesicht wischen und dann die antisemitischen Lügen wiederholen, die der Sohn zur Rechtfertigung seiner Morde angeführt hat. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass die Hamas in Person ihres Anführers Ismail Haniya den Eltern zur Bluttat ihres Sprösslings gratuliert hat.

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