Der Ortsverband Bremen von Fridays for Future hat sich aufgelöst

Aufstand der Ersten Ortsgruppe

In Bremen hat sich zum ersten Mal eine Ortsgruppe von Fridays for Future in einer deutschen Großstadt aufgelöst. Die Ortsgruppe hatte zuvor den antizionistischen Kurs des internationalen Dachverbands unterstützt.

Fridays for Future (FFF) hat schon seit langem an öffentlicher Aufmerksamkeit und Mobilisierungskraft eingebüßt. Nun hat sich zum ersten Mal eine größere Ortsgruppe aufgelöst, nämlich diejenige Bremens. Zur Begründung teilte sie Anfang Juli mit, dass FFF »strukturell rassistisch« sei und dies innerhalb der Bewegung »unter den Teppich gekehrt« werde, dass antikapitalistische Positionen bei FFF unterdrückt würden und dass die Bewegung strategische Fehler gemacht habe.

Als letzten Grund für ihre Auflösung nannte die Ortsgruppe einen Konflikt, der in den vergangenen Monaten zwischen FFF Bremen, anderen Ortsgruppen und der FFF-Bundesebene öffentlich ausgetragen worden war. Beim »Klimastreik« am 23. September in Bremen hatte die Ortsgruppe das anti­zionistische Bündnis »Palästina spricht« reden lassen. Dieses war als Reaktion auf die Verurteilung der BDS-Bewegung durch den Bundestag gegründet worden. Auf Demonstrationen der Gruppe waren in der Vergangenheit antise­mitische Parolen wie »Intifada bis zum Sieg« gerufen worden. Gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen verteidigte FFF Bremen den Redebeitrag von »Palästina spricht« damit, dass FFF eine »antikoloniale Bewegung« sein müsse. Es gebe eine Verbindung »zwischen Kolonialismus und Klimakrise und der Lage von Palästinenser:innen«.

Anfang des Jahres wurde erneut deutlich, wie unterschiedlich sich FFF Deutschland und die Bremer Ortsgruppe zu Israel positionierten. Grund dafür war ein Tweet der Dachorgani­sation FFF International, der Israel »Neokolonialismus und Apartheid« vorwarf. Die FFF-Bewegung stehe »geschlossen an der Seite der Palästinenser und des palästinensischen Widerstands«. Der Tweet schloss mit dem Aufruf »Yallah Intifada!«

Viele deutsche Ortsgruppen und der Bundesverband distanzierten sich – die Bremer Gruppe dagegen teilte den Tweet. Als sie deswegen kritisiert wurde, rechtfertigte sie sich, indem sie sich auf die Wortbedeutung des Spruchs berief (wörtlich bedeute er lediglich »Auf zum Aufstand«) und betonte, sich nicht mit Angriffen auf Zivilist:innen gemein machen zu wollen. Die Intention des Re­tweets sei gewesen, »zu zeigen, dass wir mit der undemokratischen Distanzierung unserer Bundesebene nicht einverstanden sind«.

In den vergangenen Jahren haben sich Teile der Klimabewegung immer häufiger der Agitation gegen Israel gewidmet.

In den vergangenen Jahren haben sich Teile der Klimabewegung immer häufiger der Agitation gegen Israel ­gewidmet. Während der militärischen Auseinandersetzung zwischen der islamistischen Hamas und Israel im Mai 2021 forderte FFF International »Freiheit für Palästina«, postete ein Zitat des Sprechers der palästinensischen Terrorgruppe PFLP und beschrieb die israelische Regierung als »eine Form von Militarismus und Kolonialismus«. Zudem rief FFF International dazu auf, sich bei der BDS-Bewegung weitergehend zu informieren. Für diese wiederum ist die Unterstützung palästinen­sischer Aufständischer eine »Angelegenheit der Klimagerechtigkeit«, wie es auf ihrer Website heißt. Im von Klimaaktivist:innen besetzten Lützerath war das Graffito »Von Lützi bis nach Gaza – Yallah Intifada!« aufgetaucht.

Die Stellungnahme der aufgelösten Bremer FFF-Gruppe verdeutlicht, wie tief die Gräben zwischen einzelnen Ortsgruppen und der Bundesebene sind. Seit längerem gibt es Streit dar­über, ob die Bewegung antikapitalistisch sein soll – und wenn ja, wie – und welche Protestformen legitim sind. Bei FFF haben sich Personen wie Luisa Neubauer und Carla Reemtsma, die nicht in Ortsgruppen, sondern in bundesweiten Arbeitsgruppen aktiv sind, medial profiliert. Oft werden sie von der Öffentlichkeit als Vertreter:innen der gesamten Bewegung wahrgenommen. Dabei gibt es bei FFF keine von der Basis legitimierten Sprecher:innen.

Die medial bekannten FFF-Mitglieder stellen aber die kapitalistische Wirtschaftsweise nicht grundlegend in Frage, weswegen linksorientierte Ortsgruppen mehrmals beklagt haben, sich von Neubauer und Co. nicht repräsentiert zu sehen. Bezeichnend ist freilich, dass bei der Auflösung der Bremer Ortsgruppe nicht solche Fragen entscheidend waren, sondern vor allem die der antiisraelischen Agitation.

Mit FFF Bremen verschwindet nun eine der Ortsgruppen, die zwar den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Klimakrise immer wieder zum Thema zu machen versuchte, aber wie der internationale Dachverband nicht über hergebrachte antiimperialistische Phrasen und Vorurteile hinauskam.