Revolution: An der Seite der Sowjetunion
Die Oktoberrevolution
Die Anziehungskraft, die die Sowjetunion und die anderen Staaten des Ostblocks auf die westliche Linke ausübten, ging weniger von den realpolitischen Verwerfungen des Staatssozialismus, von Zentralkomitees, Planwirtschaft oder der Einschränkung der Pressefreiheit aus. Der Aufforderung, doch »nach drüben« zu gehen, mit der linke Studenten bei Demonstrationen, beim Verteilen von Flugblättern oder bei der sogenannten Betriebsarbeit in den Sechzigern und Siebzigern regelmäßig konfrontiert wurden, kam dementsprechend auch aus dem KPdSU- und SED-nahen DKP-Umfeld kaum jemand nach. Selbst die RAF-Aussteiger, die Anfang der Achtziger in die DDR emigrierten, siedelten nicht aufgrund ihrer Begeisterung für den sozialistischen Aufbauprozess in den Arbeiter- und Bauernstaat über, sondern weil sie ihrer Verhaftung in der Bundesrepublik entgehen wollten.
Die Bedeutung der Sowjetunion – und darüber vermittelt: der anderen Staaten des Ostblocks – für das Selbstverständnis der westlichen Linken lag vielmehr auf einer symbolischen Ebene. Sie ging auf die ikonographische Wirkung ihres Ursprungsereignisses, der Oktoberrevolution, zurück. Denn egal, wie kritisch die verschiedenen Fraktionen der historischen Arbeiterbewegung und der Linken den Bolschewiki auch gegenüberstanden – ob sie, wie Rosa Luxemburg, stärker auf die »Freiheit des Andersdenkenden« verwiesen, die a den Bolschewiki eingeschränkt wurde, oder, wie der Rätekommunist Anton Pannekoek, eher die bloße Übernahme des alten Staatsapparats durch die Lenin-Partei kritisierten: Die Euphorie, die die Russische Revolution seinerzeit auch bei den linken Gegnern des bolschewistischen Parteimodells, der Vorstellung einer Diktatur des Proletariats oder des Lenin’schen Putschismus auslöste, ist kaum zu überschätzen.
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