Boris Johnson gibt den Parteivorsitzender der Tories auf

Das Ende einer Ära

Boris Johnson ist als Vorsitzender der Konservativen Partei zurückgetreten, seine Amtszeit als Premierminister soll bis Anfang September beendet werden. Der Machtkampf um seine Nachfolge hat begonnen.

Nach dem Rücktritt von Premierminister Boris Johnson als Vorsitzender der britischen Konservativen am Donnerstag vergangener Woche hat die Suche nach seinem Nachfolger begonnen. Dieser soll dann spätestens am Ende der Sommerpause Anfang September auch die Regierungsgeschäfte übernehmen: Die Ära Johnson, quasi die britische Variante des Rechtspopulismus, ist vorüber.

Dass Johnson so schnell am Ende sein würde, damit hatte noch im Dezember 2019 niemand gerechnet. Bei den jüngsten Wahlen zum britischen Unterhaus gelang es Johnson, für die Konservativen eine absolute Mehrheit der Sitze zu sichern, fast 80 mehr als alle anderen Parteien zusammen. Seine Persönlichkeit und die Versprechung, die marode Infrastruktur zu erneuern – Stichwort: »Levelling up«, überzeugte Wählerinnen und Wähler in traditionellen Labour-Hochburgen im postindustriellen Norden Englands, wo er viele Sitze gewinnen konnte. Das war zuvor noch keinem Tory gelungen. Gleichzeitig konnte er trotz seiner rechtspopulistischen Ausrichtung eher liberal gesinnte Konservative im südlichen England bei der Stange halten. Am Ende verfügte Johnson über eine Mehrheit im Unterhaus, von der Kommentatoren sagten, sie würde mindestens zwei volle Legislaturperioden, also zehn Jahre, halten.

Die Unzufriedenheit vieler Konservativer mit Johnson war nicht nur Resultat seiner fehlenden »Redlichkeit«, wie Minister Sajid Javid es ausdrückte.

Wahrscheinlich unterschätzten solche Kommentare das verzerrende Moment des britischen Mehrheitswahlrechts: Johnson erreichte sein parlamentarisches Traumergebnis im Jahr 2019 mit etwa 43 Prozent der abgegebenen Stimmen. Er hatte nie die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hinter sich. Und vielleicht überschätzten viele auch den Mann, dessen Fähigkeit, Menschen von sich zu überzeugen, als bestechend galt, der jedoch selbst von wenig überzeugt ist und kein Interesse an politischen Details hat.

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