Der umstrittene, wiedergewählte Präsident der Côte d‘Ivoire, Alassane Ouattara

Der ewige Präsident

Porträt Von

Das Wahlergebnis entspricht nicht ganz dem realsozialistischen und ba’athistischen Standard früherer Zeiten, kommt ihm aber recht nahe: Nach Angaben der Wahlkommission der Côte d’Ivoire erhielt Alassane Ouattara bei der Präsidentschaftswahl am Samstag 94,27 Prozent der Stimmen. Als Beweis allgemeiner Popularität kann dieser Sieg allerdings nicht gelten, denn die Opposition hat die Wahl boykottiert. Sie betrachtet Ouattaras Kandidatur als verfassungswidrig. Bei Auseinandersetzungen im Wahlkampf wurden Human Rights Watch zufolge 20 Menschen getötet, am Wahltag starben nach offiziellen Angaben drei Menschen, die Opposition spricht von zwölf Toten. 35 000 Polizisten waren im Einsatz.

Noch im Frühjahr schien es, als wolle der 78jährige Ouattara sich in den Ruhestand zurückziehen oder sich zumindest damit begnügen, zukünftig aus dem Hintergrund zu wirken. Doch sein designierter Nachfolger, Premierminister Amadou Gon Coulibaly, starb überraschend am 8. Juli. Ouattara, der seit 2010 als Präsident amtiert, kandidierte erneut, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten gestattet. Er vertritt nun die Ansicht, dass die Verabschiedung einer neuen Verfassung 2016 die Zählung außer Kraft setze und ihm zwei weitere Amtszeiten erlaube.

Der Ökonom Ouattara, der lange für den Internationalen Währungsfonds gearbeitet hatte, galt zunächst als fähiger Technokrat, fungiert de facto jedoch als ­Repräsentant einer der regionalen Führungsschichten, die in der Côte d’Ivoire um die Macht kämpfen. Seine selbstherrliche Politik könnte nun dazu führen, dass der Bürgerkrieg, der von 2002 bis 2007 andauerte und 2011/2012 erneut aufflammte, wieder beginnt. Sein wohl mächtigster Konkurrent, der ehemalige Präsident Laurent Gbagbo, war gar nicht erst zur Wahl zugelassen worden. Mehrere Oppositionsparteien riefen zu einer »allgemeinen Mobilisierung« auf, »um die Diktatur von Präsident Alassane Ouattara zu blockieren«, und bildeten eine »Übergangsregierung«. Noch ist eine friedliche Lösung, die vor allem baldige Neuwahlen unter internationaler Beobachtung vorsehen müsste, möglich. Doch ist das Interesse der »internationalen Gemeinschaft« in Zeiten einer Pandemie derzeit geringer denn je.