Die Herbert-Gruhl-Gesellschaft steht der AfD nahe, verwunderlich ist das angesichts des Namensgebers nicht

Ganz der Namensgeber

Wegen der Nähe der Herbert-Gruhl-Gesellschaft zur AfD gaben ein Hochschulpräsident und ein CSU-Politiker kürzlich den von dieser verliehenen gleichnamigen Preis zurück. Bei diesem Namensgeber sind rechtsextreme Verbindungen allerdings nicht verwunderlich.

»Wir haben den Preis zurückgegeben.« Mit diesen Worten beginnt ein vergangene Woche veröffentlichtes Interview, das die Taz mit Reinhard Loske geführt hat, dem ehemaligen Bremer Umweltsenator von Bündnis90 / Die Grünen und derzeitigen Präsidenten der privaten Cusanus-Hochschule in Bernkastel-Kues. Loske erläutert, warum er und der CSU-Politiker Josef Göppel den Herbert-Gruhl-Preis der gleich­namigen Gesellschaft zurückgegeben haben. Er führt an, dass »die Ideen von Herbert Gruhl heute von der Gesellschaft, die seinen Namen trägt, politisch missbraucht, extrem tendenziös interpretiert und für nationalistische, populistische und teils sogar völkische Zwecke instrumentalisiert« würden. Nach »intensivem Studium« der Website der Herbert-Gruhl-Gesellschaft sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass diese »mittlerweile offenkundig zu ­einer Art Tarnorganisation der AfD« geworden sei.

Um festzustellen, dass die Herbert-Gruhl-Gesellschaft der AfD nahesteht, ist allerdings kein »intensives Studium« nötig. Der Vorsitzende Volker Kempf sitzt für die AfD im Kreistag Breisgau-Hochschwarzwald, sein Stellvertreter Wolfram Bednarski ist stellvertretender Vorsitzender des AfD-Stadtverbands Springe.

Und missbraucht die Herbert-Gruhl-Gesellschaft wirklich die Ideen ihres Namensgebers? Der 1993 verstorbene Politiker Herbert Gruhl gehörte von 1969 bis 1978 der Bundestagsfraktion der Union an und war deren umwelt­politischer Sprecher. 1975 veröffentlichte er das Buch »Ein Planet wird geplündert«, das zu einem Bestseller avancierte und dessen Lektüre zahlreichen Umweltpolitikern als Schlüsselerlebnis gilt. In diesem Buch benennt Gruhl als eine der Hauptursachen der Umweltzerstörung eine in West wie Ost verbreitete Wachstumsideologie. Die Plünderung des Planeten könne nur auf­gehalten werden, wenn die Menschheit die vorherrschenden Konsumgewohnheiten hinter sich lasse und sich auf Verzicht und Maßhalten besänne. Zudem forderte Gruhl dringend, das Bevölkerungswachstum aufzuhalten, das er ebenfalls als wichtigen Auslöser der drohenden ökologischen Katastrophe ansah.

Mit seiner primär auf das individuelle Verhalten der Menschen abzielenden Analyse der ökologischen Frage schaffte es Herbert Gruhl 1975 bis zum Vorsitzenden des Bundes Umwelt- und ­Naturschutz Deutschland (BUND). Am 12.Juli 1978 verließ er die CDU wegen unüberbrückbarer Differenzen in der Umweltpolitik und gründete am folgenden Tag die »Grüne Aktion Zukunft« (GAZ), die erste bundesweit auftretende Umweltpartei. Gemeinsam mit der ­nationalistisch-neutralistischen »Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher« (AUD) und einigen Bürgerinitiativen trat sie 1978 unter der Bezeichnung »Die Grünen« zur Landtagswahl in Bayern an und erhielt 1,8 Prozent der Stimmen.

Bundesweit traten damals zahlreiche ökologisch orientierte Wählervereinigungen zu Wahlen an. 1980 schlossen sie sich zusammen und gründeten die Partei »Die Grünen«. Auf deren Gründungsparteitag 1980 in Karlsruhe hielt Gruhl die Eröffnungsrede. Allerdings verließen er und der übrige rechte Flügel der Grünen die Partei bis 1981 enttäuscht, da ihnen zu viele Linke beispielsweise aus den niedergehenden K-Gruppen in die Partei eingetreten waren und dort an Einfluss gewannen. Gruhl gründete 1982 die »Ökologisch-Demokratische Partei« (ÖDP), aus der er aber 1989 austrat, nachdem diese einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen Republikaner, NPD und DVU verabschiedet hatte.

Gruhls letzte politische Organisationsleistung bestand in der Gründung der »Unabhängigen Ökologen Deutschlands« (UÖD) im Jahr 1991. In dieser überparteilichen Sammlungsbewegung tummelten sich unter anderem Mitglieder der Republikaner und völ­kische Atomkraftgegner vom »Weltbund zum Schutz des Lebens«. Die UÖD forderte in ihrer Grundsatzerklärung einen »ethnopluralistisch verstandenen Völkerschutz«. Gruhl hatte endlich eine Gruppe gefunden, aus der er nicht mehr austreten musste. Bei den UÖD bestand keine Gefahr einer linken Übernahme.

Die Herbert-Gruhl-Gesellschaft steht also durchaus in der Tradition ihres Namensgebers. Wer sich von ihr einen Preis verleihen lässt, sollte sich nicht darüber wundern, wenn dieser von Mitgliedern der AfD verliehen wird.