Marokkos Klimapolitik ist fortschrittlich, aber autoritär

Der König trägt grün

Marokko ist Vorreiter im Klimaschutz, doch die fortschrittliche Politik wird autoritär durchgepeitscht. Zweiter Teil unserer Serie über Klimapolitik in verschiedenen Ländern.

Wer auf die Weltkarte auf der Website von Climate Action Tracker schaut, sieht wenig grün. Die Organisation bewertet die Fortschritte in der Klimapolitik der Länder weltweit und stellt ihre Ergebnisse auch farblich auf jener Karte dar. Die meisten Länder landen in der Kategorie »unzureichend« oder »sehr unzureichend«; ihre Politik führt demnach zu einer Erderwärmung im Vergleich zu vorindustriellen Werten um durchschnittlich drei oder gar vier Grad Celsius. In die grün markierte Kategorie, »kompatibel mit den Zielen des Pariser Abkommens« (eine Erwärmung im Vergleich zu vorindustriellen Werten um durchschnittlich maximal 1,5 Grad Celsius), fallen gerade einmal zwei Länder: Gambia und Marokko.

Bild:
climateactiontracker.org

Marokko ist noch nie ein großer Produzent von Treibhausgasen gewesen. Es hat derzeit einen Ausstoß an Kohlenstoffdioxid von 1,7 Tonnen pro Kopf und Jahr – damit liegt es an 135. Stelle von rund 190 Staaten. 2017 verzeichnete das Land ein hohes Wirtschaftswachstum um die vier Prozent, das sich nach Prognosen der Weltbank für das laufende Jahr auf 2,9 Prozent abschwächen wird. Großstädte wie Casablanca und Marrakesch haben sich zu weltoffenen Wirtschafts- und Touristenmetropolen entwickelt. Dennoch ist Marokko, verglichen mit westlichen Staaten, weiterhin ein armes Land. Doch dem Königreich scheint zu gelingen, was die Industrieländer bisher nicht hinbekommen: Es hat eine ambitionierte Klimapolitik nicht nur angekündigt, sondern betreibt sie auch wirklich. Der leichte Anstieg der Emissionen, den das Land bisher zu verzeichnen hat, scheint sich abzuschwächen, Beobachter prognostizieren, dass Marokko auf diesem Weg unter dem Maß an Emissionen bleiben wird, das ihm im Sinne eines fair share, einer gerechten Verteilung der Emissionsrechte, zusteht.

Bis 2020, so sehen es die nationalen Klimabeiträge (NDCs) vor, die Marokko vor dem Pariser Abkommen bei der Klimarahmenkonvention eingereicht hat, sollen 42 Prozent der Energie aus erneuerbaren Energien kommen, bis 2025 sollen es 52 Prozent sein. Beide Ziele werden, wie es derzeit aussieht, wohl erreicht werden. Entlang der marokkanischen Atlantikküste sind Windparks entstanden. Im Südosten des Landes, nahe der Stadt Ouarzazate, hat der marokkanische König Mohammed VI. im Februar 2016 das erste von fünf geplanten Solarwärmekraftwerken eröffnet; zusammen sollen sie unter dem Namen »Nour« (Licht) einen Großteil der Stromversorgung des Landes übernehmen. Vor Jahren machten diese Pläne unter dem Namen Desertec Schlagzeilen – ein Projekt internationaler Investoren, die im Süden Marokkos Solarstrom für den Export nach Europa produzieren wollten. Nachdem Desertec gescheitert war, übernahm der marokkanische Staat die Pläne und baute die Anlage selbst, in veränderter Form und inzwischen unter der Federführung von Masen, der marokkanischen Agentur für nachhaltige Entwicklung. Deutschland ist mit Krediten und technischer Unterstützung, vor allem durch die Entwicklungshilfeagentur GIZ, an den Projekten beteiligt.