Unkritischer Umgang mit Polizeimeldungen

Die Polizei, dein Freund und Fälscher

Viele Journalisten sehen die Polizei als neutrale Informationsquelle. Dabei vertuscht sie regelmäßig Gewaltexzesse ihrer Beamten und macht Stimmung gegen Demonstranten.

Die Räumung eines Stadtteilladens in der Friedelstraße 54 in Berlin-Neukölln im Sommer 2017 beschäftigt erneut die Justiz. Geklagt haben Mitglieder des ehemaligen Ladenkollektivs – und zwar wegen der Informationspolitik der Polizei. Die hatte kurz nach Beginn der Räumung am 29. Juni 2017 getwittert, die Besetzer hätten einen Türknauf unter Strom gesetzt.

»Eine Polizei ohne rechtswidrige Polizeigewalt gibt es in der Praxis nicht.«

»Lebensgefahr für unsere Kollegen«, hieß es in dem Tweet. Schnell stellte sich die Meldung als falsch heraus. Doch erst am Tag darauf, als die Räumung längst beendet war, korrigierte die Polizei ihre Falschmeldung. Da war sie bereits durch Medien und soziale Netzwerke verbreitet worden. Die Besetzer wurden damit als gewalttätige Chaoten hingestellt, die selbst vor der Gefährdung von Menschenleben nicht zurückschreckten.

Das Ladenkollektiv der »Friedel 54« sah sich selbst als Teil der außerparlamentarischen Linken, konzentrierte sich aber auf die Stadtteilarbeit. Es wollte gemeinsam mit den Mietern der Friedelstraße 54 das Haus kaufen und war im März 2016 zur Wiener Zentrale der Citec-Immobiliengruppe gefahren, um das Angebot zu überbringen. Doch das Unternehmen verkaufte das Haus an eine Briefkastenfirma und verlangte im Kaufvertrag, dass diese die Räumungsklage gegen den Laden weiterführen müsse.

Es hätten sich also genügend Fragen im Zusammenhang mit der Räumung aufgedrängt. Stattdessen schmückten konservative Medien die falsche Polizeimeldung weiter aus, wie Ralf Hutter in einem Beitrag auf Telepolis mit zahlreichen Beispielen gezeigt hat. So phantasierte der Chefreporter der Bild-Zeitung in der Region Berlin-Brandenburg, Michael Sauerbier, via Twitter von einem »Mordversuch in Berlin«. Der öffentlich-rechtliche Sender Radio Berlin (mittlerweile »RBB 88.8«) schwadronierte von einem »lebensgefährlichen Anschlagsversuch auf Polizisten« bei der Friedel-Räumung.