Homestory #11

Redaktionsschluss. Ein Begriff, der sich eigentlich selbst erklärt und der in der Regel kaum missverstanden werden kann. Bei der Jungle World, die jeden Donnerstag erscheint, ist Redaktionsschluss am Montag für den Dschungel beziehungsweise Dienstag für den Mantel.

An diesen Tagen werden eigentlich keine Texte mehr für die aktuelle Nummer angenommen, da die Redakteurinnen und Redakteure mit der Endproduktion beschäftigt sind. An diesem Tag sollten eigentlich alle Texte, endkorrigiert und von den jeweiligen Autorinnen und Autoren freigegeben, auf den Seiten stehen. Hauptbeschäftigung der Redaktion sollte an diesen Tagen die Titelbildgestaltung sein sowie nebenbei die Zeitung schön zu machen – Bilder auswählen, Bildunterzeilen verfassen, an den Überschriften feilen und vor allem: die nächste Nummer planen. Nichts Spektakuläres, eher Alltag in jeder Zeitungsredaktion.

Bei der Jungle World läuft das Ganze allerdings etwas anders. So sind der Montag und der Dienstag nicht unbedingt die Lieblingswochentage der Redakteurinnen und Redakteure. Es kommt nämlich immer wieder vor, dass an einem dieser Tage mindestens ein Redakteur oder eine Redakteurin zitternd auf einen Text wartet, dessen Deadline eigentlich Freitagmittag war.

Dabei ist es völlig irrelevant, um welches Ressort, welches Thema oder welchen Autor es sich handelt. Es kann jeden treffen. Manchmal mit Ansage, manchmal völlig unerwartet. Es kann der Artikel von der Autorin sein, die eine ganz eigene Interpretation des Begriffes »Redaktionsschluss« hat; oder es ist die ­Kolumne von dem Autor, dem »bis gerade eben nichts eingefallen« ist; oder es geht um den »Brexit«, denn es ist bekannt, dass das britische Parlament, um die Redaktion der Jungle World zu ärgern, immer dienstags abstimmt.  Fakt ist: Wenn ein Text erst montags (Dschungel) oder dienstags (Mantel) in die Produktion geht, blockiert er sämtliche Abläufe, der Feierabend von Redaktion, Lektorat und Layout rückt in weite Ferne, der Ton unter den Kollegen wird rauer.

Aber wir wollen nicht jammern. Ohne unsere großartigen Autorinnen und Autoren, ihre Kompetenz und ihre Leidenschaft könnte Ihre Lieblingswochenzeitung nicht existieren, deshalb gebührt ihnen hier ein fettes Dankeschön. Auch dem Autor, der Dienstag vergangener Woche als allerletzter lieferte und sich nicht einmal eine abenteuerliche Ausrede ausgedacht hatte. Wie kann man eine so wichtige Deadline nicht einhalten, ohne dass etwas Spektakuläres passiert ist? Das fragte sich die zuständige Redakteurin nach fünf Nachfragen beim Autor, der sonst immer äußerst zuverlässig war. Das, liebe Autorinnen und Autoren, soll nun keine Aufforderung zum Lügen sein, aber wenn es unbedingt eine Ausrede sein soll, dann solltet ihr wissen, dass wir Wert auf gute Geschichten legen. Schließlich kam der Artikel, der zum Glück ziemlich gut war, doch noch, so dass die Zeitung pünktlich in Druck gehen konnte.

Aber das schlechte Gewissen ließ den Autor nicht los. Ein paar Tage später wollte er sich bei der Redakteurin für ihre Geduld bedanken und schickte ihr eine SMS. Diese erreichte die Redakteurin, als sie gerade auf dem Crosstrainer strampelte; als sie die Nachricht beantworten wollte, rutschte ihr das Telefon aus der Hand. Zum Glück gibt es in Fitnessstudios Matten. Als sie das Telefon hochnahm, stellte sie fest, dass dieses es in zwei Sekunden Flug geschafft hatte, ein Video-Butt-Call an den Autor zu tätigen, den der Autor sich nicht traute anzunehmen. Stattdessen bekam die Redakteurin als Antwort eine SMS, die der Autor jedoch an jemand anderen schicken wollte. Erst nach einer Weile stellten die beiden erschrocken fest, dass ihre Kommunikation ordentlich außer Kontrolle geraten war. Das alles wegen einer nicht eingehaltenen Deadline! Das sollte uns allen eine Lehre sein.

Der nächste Text des Autors kommt übrigens pünktlich. Das hat er versprochen.