Die zwei aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten polarisieren Kolumbien

Die Marionette und der Populist

Seite 2

Führend in den jüngsten Umfragen ist mit 34 Prozent der Stimmen Iván Duque und die Angst vor den Forderungen des ehemaligen Guerilleros Petro – auch wenn diese lediglich sozialdemokratisch sind – lassen Duque in der Wählergunst steigen. Der politisch relativ unerfahrene 41jährige tritt für die rechtskonservative Partei Centro Democrático (CD) an und gilt Kritikern als Marionette des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe (2002–2010). Dieser war für sein hartes Vorgehen gegen die Guerillas berüchtigt und führte die Opposition gegen das vom derzeitigen Präsidenten Juan Manuel Santos vereinbarte Friedensabkommen mit der Guerilla Farc an. Mit Uribe als Parteivorsitzendem war der CD im März stärkste Kraft bei den Kongresswahlen geworden. Erfolgreich beschwören die Parteimitglieder angesichts der Krise des sozialistischen Modells in Venezuela, der wachsenden Zahl venezolanischer Migranten im Land und der guten Aussichten eines ehemaligen Guerilleros auf das Präsidentenamt das Gespenst des »Castro-Chavismus« und behaupten, es drohten Verhältnisse wie in Venezuela oder Kuba.

Duques Programm beinhaltet neben wirtschaftsliberalen Vorschlägen und autoritärer law-and-order-Politik ein konsequentes Vorgehen gegen Korruption – wenngleich nicht wenige seiner Unterstützer selbst unter Korruptionsverdacht stehen. Denn die Amtszeit von Präsident Santos ist nicht nur vom Friedensprozess mit der Guerilla, sondern auch von zahlreichen Korruptionsskandalen geprägt. Die mittlerweile zerbrochene Regierungskoalition, die über mehrere Jahre unter anderem die Friedenspolitik mittrug, war mit Postenverteilung und geschickte Umleitung von öffentlichen Geldern in die Regionen erkauft. So kann der Kandidat, der für eine Fortsetzung der Friedenspolitik wirbt, der ehemalige Chefunterhändler der Regierung, Humberto de La Calle, nicht einmal auf die Unterstützung seiner eigenen Liberalen Partei zählen und gilt mit gerade einmal drei Prozent der Stimmen in den jüngsten Umfragen als chancenlos. Auch Germán Vargas Lleras, bis 2017 Vizepräsident unter Santos, liegt in den Umfragen mit 13,2 Prozent der Stimmen weit zurück. Er könnte jedoch von lokalen Machtnetzwerken profitieren.

Nicht nur de La Calle, auch zahlreiche Beobachter befürchten, dass es mit der Rückkehr des »Uribismo« in den Präsidentenpalast bei der Verwirklichung der Friedensvereinbarungen mit der Farc Rückschritte geben könnte, zumal diese bereits schleppend verläuft und von Gewalt überschattet wird. Duque hat mehrfach bekräftigt, die Vereinbarungen in grundlegenden Fragen wie der Übergangsjustiz und der politischen Beteiligung der Farc ändern zu wollen. Die Linke erinnert derweil an die Kriminalisierung sozialer Proteste und staatliche Verfolgung während der beiden Amtszeiten Uribes.

Als moderate Alternative zu den beiden polarisierenden Kandidaten Duque und Petro hat sich das Bündnis Coalición Colombia aus links-bürger­lichen Kräften um den ehemaligen Bürgermeister von Medellín, Sergio Fajardo, ins Gespräch gebracht. Er wird von der populären Senatsabgeordneten Claudia López und dem maoistisch ­geprägten und gewerkschaftsorientierten Jorge Robledo unterstützt. Sie werfen Petro Populismus vor, seine Vorhaben seien unrealistisch. Die Rechnung des Bündnisses geht so: Sollte es Petro in die zweite Runde schaffen, würde das politische und wirtschaftliche Establishment den rechten Kandidaten Duque unterstützen. Fajardo hingegen, der in Umfragen derzeit bei 13,8 Prozent der Stimmen liegt, könnte den Einzug des »Uribista« in den Präsidentenpalast verhindern.