Bitte nicht füttern - Neuseeländische Possums sind trotz Kolonialismus possierlich

Rette einen Kiwi

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Versuchen Sie nicht, in Neuseeland ein James-Cook-T-Shirt zu kaufen. Es gibt keines. Captain Cook hatte das Land für Europa »(wieder-)entdeckt« und die Maori angeblich mit großem Respekt behandelt. Zwar war er kein Kolonisator, dennoch gelte er als »politisch nicht korrekt«, sagt die Verkäuferin im Souvenirladen. Sie steht dabei neben einem Regal, in dem Kiwi-, Schäfchen- und Maori-Stoffpüppchen liegen: Maori als niedliche Wilde, mit Baströckchen, Knochen im Haar und großen Kulleraugen. Die Verkäuferin merkt nicht, dass in ihrem Laden Antikolonialismus und Rassismus Hand in Hand gehen. Tatsächlich führt der in neuseeländischen Debatten allgegenwärtige Antikolonialismus dazu, die Ablehnung von Fremden und von Einwanderung, nicht grundsätzlich als Rassismus anzusehen; vielmehr wird Fremdenfeindlichkeit als Lehre aus dem Kolonialismus gezogen. Hätte man diesen Cook bloß nie auf die Insel gelassen! Heute seien es die Asiaten und die Afrikaner, die dem Land schaden, argumentiert die rechtspopulistische Partei New Zealand First, die zusammen mit der Labour-Partei regiert, unterstützt von den Grünen, deren langjähriger Vorsitzender Maori ist. Dazu sollte man wissen, dass die Maori nur etwa 300 Jahre vor den Europäern auf die beiden Inseln kamen und einfach Glück hatten, dass vorher noch niemand da war.

Noch geschickter als die rassistischen Antikolonialisten macht es der pelzverarbeitende Tierschutz. Ja, auch den gibt es. Die im 19. Jahrhundert aus Australien eingeschleppten Possums, niedliche Beuteltierchen, die ständig überfahren werden und die Straßen Neuseelands pflastern, sind zur Plage geworden. Sie bedrohen den Bestand der verbliebenen neuseeländischen Vogelwelt, zuvörderst des Kiwis – und den lieben ja alle. Die Pelzindustrie hat es geschafft, dass der Werbespruch »Rette einen Kiwi, trage ein Possum« bei konsumbewussten Tierfreunden nicht etwa auf Ablehnung stößt, sondern dass sich das ganze Land einig ist, dass Possums abgeknallt werden müssen. Wenn Sie im Souvenirladen zwischen all den niedlichen Kiwi-, Kakapo-, Kea- und Schaf-Stofftieren nach einem Possum fragen, zeigt die Verkäuferin auf die Regale mit Schals und Pullovern.

So könnte es die hiesige Pelzlobby auch machen und das Tragen eines Fuchspelzmantels als aktiven Vogelschutz vermarkten. Noch besser liefe es sicher mit dem nichtheimischen Waschbären, einem Invasoren. Mit dem Slogan »Rette einen Kiebitz, trage einen Waschbär« könnten die Kürschner vielleicht sogar bei Grünen und Veganern punkten. Solche Versuche gab es bereits, etwa im Schwarzwald, wo Pelze von Füchsen, Mardern und Waschbären mit einem Siegel versehen werden, das sie als Beitrag zum Schutz des Auerhuhns auszeichnet. So richtig erfolgreich läuft die Kampagne jedoch nicht. Solange es mehr Fuchs- als Auerhuhn-Kuscheltiere gibt, wird sich daran wohl auch kaum etwas ändern.