In Griechenland könnte die neonazistische Partei Chrysi Avgi bald verboten werden

Langsam dämmert es

Seite 2 – Trotz Mitgliederschwund noch aktiv

 

Diejenigen, die noch für Chrysi Avgi stimmen, wissen von den gewalttätigen Aktionen, beteiligten sich aber nicht an diesen, so der Journalist und politische Schriftsteller Dimitris Psarras, der seit Jahren das Phänomen erforscht und vor Gericht als Zeuge aussagte. »Sie delegieren das an die schwarzgekleideten Neonazis«, sagt er. Würden diese für ihre Verbrechen konsequent verurteilt, schade dies der Partei. »Chrysi Avgi wird auch diese Wähler verlieren und abstürzen«, sagt Psarras zuversichtlich.

Trotz Mitgliederschwund ist die Partei noch aktiv, sie muss aber mit starker Gegenwehr rechnen. Im Oktober wollte sie in Piräus den Bezug eines Parteibüros feiern. Auf dem Korai-Platz protestierten Mitglieder der antifaschistischen Bewegung, darunter die Organisation des Kämpferischen Antifaschismus (Orma). Die Demonstrierenden trugen Helme in den Händen und schwarzrote Fahnen, aus den Lautsprechern tönten antifaschistische Lieder, unter anderem von Pavlos Fyssas. Dessen Mutter Magda beteiligte sich am Protest. Mit empörtem Blick auf das Hochhaus gegenüber, wo die Veranstaltung der Neonazis stattfand, sagte sie: »Es ist eindeutig eine Provokation, was sie heute tun. Angeblich eine Einweihung, so nennen sie es. Obwohl es sich um einen Umzug von einem Büro ins andere handelt.« Seit Beginn des Prozesses gegen Chrysi Avgi ist Magda Fyssa an fast jedem Ver­handlungstag im Gerichtssaal anwesend.

Mindestens einmal pro Woche gebe es eine Intervention der Orma in Piräus oder anderswo, sagt eine der Haupt­organisatorinnen der Demonstration, die anonym bleiben will. Zudem werde Informationsmaterial an Schulen und Universitäten verteilt. Und jedes Mal, wenn eine Aktion der Neonazis stattfinde, versuche man, mit einer Gegenaktion zu antworten, so die junge Frau. »Wir haben sie aus Nachbarschaften, dem öffentlichen Raum, aus Werktätigenzentren, aus den sogenannten ­Komitees der empörten Bürger, die sie gebildet haben, rausgeworfen. Wir machen ihnen mit unseren Aktionen klar, dass sie unerwünscht sind. Aus dem Parlament wurden sie noch nicht vertrieben, aber aus der Gesellschaft. Das Weitere wird noch folgen«, sagt sie selbstbewusst.

Dennoch gibt es weiterhin Angriffe. So wurden etwa im Oktober vergangenen Jahres in Aspropyrgos drei junge Männer wegen des Angriffs auf zwei pakistanische Feldarbeiter verhaftet. Die Polizei sieht keine Verbindungen zu Chrysi Avgi. Der antifaschistischen Organisation Keerfa zufolge gehören die Täter einer rassistischen Gang an, die in der Gegend für Angriffe auf mindestens 60 weitere ausländische ­Arbeiter verantwortlich sei. Zumindest ein Täter sei Keerfa zufolge zuvor auch an einem Angriff auf eine antirassistische Demonstration beteiligt gewesen, zu dem unter anderem ein prominentes Mitglied Chrysi Avgis aufgerufen habe.

Anfang November griffen Mitglieder Chrysi Avgis in der Nähe des Gerichtsgebäudes in Athen eine Anwältin der Nebenklage, Evgenia Kouniaki, ­sowie eine andere Frau an. Dass Abgeordnete und Anwälte von Chrysi Avgi die Verdächtigen danach kontaktierten, interpretiert Kabagiannis als Übernahme der politischen Verantwortung für den Angriff durch die Partei.