Smalltalk mit Sabine Wolf und Ulli Krüger vom Nachbarschaftstreff »Topdeck«

»Versteckter und urbaner Ort«

Seit Beginn des Sommers wird einmal im Monat das Dach des Parkhauses am »Neuen Kreuzberger Zentrum« am Kottbusser Tor in ­Berlin-Kreuzberg in einen Nachbarschaftstreff mit Kiezmarkt umfunktioniert, den »Topdeck Market«. Dort werden »Vintage«-Waren, Pflanzen, Kunst- und Designgegenstände und vieles mehr verkauft, an Ständen wird unter anderem über Sozial- und Flüchtlingspro­jekte informiert. Die Jungle World hat mit Sabine Wolf (SW) und Ulli Krüger (UK), zwei der Topdeck-Macherinnen, gesprochen.

STInwieweit gelingt es euch, die Bewohner und Bewohnerinnen der Nachbarschaft einzubinden und nicht nur einen hippen Flohmarkt im Szenekiez zu veranstalten?
UK: Das klappt gut, der Markt ist tatsächlich ein Ort geworden, der von den Bewohnern und Bewohnerinnen am »Kotti« als Ort der Kommunikation und des Austauschs genutzt wird. Ich denke, das hat mit dem Platz zu tun, der wahnsinnig viel Freifläche bietet und uns unter anderem ermöglicht, ein umfangreiches kostenloses Kinderprogramm anzubieten.
SW: Die Leute können stundenlang bei uns abhängen und entspannen, auch ohne etwas zu kaufen oder Eintritt zu bezahlen.

Was ist eure Motivation?
UK: Einerseits hat uns der Ort motiviert. 300 Quadratmeter ungenutzte Fläche am Kotti, ein völlig versteckter und urbaner Ort, der sich tagsüber wunderbar bespielen lässt. Da bot sich ein regelmäßiger sonntäglicher Markt einfach an. Außerdem wollten wir etwas im Kiez für den Kiez realisieren.
SW: Wir hatten auch einfach Bock, zusammen etwas zu machen. Leider gelingt uns das nur einmal im Monat. Der »Topdeck Market« ist ein Nonprofit-Projekt, bedeutet aber gleichzeitig unglaublich viel Arbeit. Das ist neben unserer normalen Erwerbsarbeit kräftemäßig nicht öfter zu stemmen.

Es gab einige negative Medienberichte über »den Kotti« und die Menschen, die hier zusammentreffen. Drogenprobleme und Kriminalität sind dabei die wichtigsten Themen. Zugleich geraten die Bewohner durch steigende Mieten unter Druck. Wie nehmt ihr die sozialen Veränderungen im Kiez wahr?
SW: Ich finde, dass da einiges skandalisiert und hochgepuscht wurde. Ich arbeite und wohne am Kotti und fühle mich nicht bedroht. Mit dem Projekt wollten wir den Negativschlagzeilen etwas entgegensetzen und zeigen, dass auch Tolles und Schönes entsteht.
UK: Es gibt schon eine Entwicklung am Kotti. Früher waren da nur die Junkies, heute sind hier Partyleute und Touristen besoffen und multitoxisch unterwegs. Klar verändert das die Stimmung. Aber die krasse Kriminalität der vergangenen Jahre ist zurückgegangen. ­Wobei der Handel mit Drogen immer noch ein Thema ist.

Welche Entwicklung erwartet ihr am Kotti?
SW: Ich bin erstmal froh, dass das »Neue Kreuzberger Zentrum« doch nicht zum Höchstgebot an einen privaten Investor gegangen ist und ­somit kein Spekulationsobjekt mehr ist.
UK: Ich bin, was den Kotti betrifft, recht optimistisch. Es gibt wahnsinnig viel Engagement hier, ein Dutzend Initiativen Vereine und Projekte, die sich im Neuen Kreuzberger Zentrum engagieren. Der »Südblock« zum Beispiel, mit dem an einer total toten Ecke des Kotti ein wunderbarer Treffpunkt geschaffen wurde und in dem Solipartys, Deutschkurse und Sozialberatungen stattfinden. Oder »Kotti & Co«, eine Gemeinschaft, in der sich die Mieter und Mieterinnen am Kottbusser Tor organisieren und dafür einsetzen, den sozialen Wohnraum zu erhalten. Zwar lösen sich Konflikte am Kotti nicht in Luft auf, aber die Probleme des Ortes werden immer wieder aufs Neue ausgehandelt.
SW: Die Leute hier sind sehr aktiv an der Gestaltung ihres Wohnumfeldes beteiligt. Wenn man am Kotti etwas machen möchte und ein Angebot schafft, funktioniert das recht gut.

Nächster Termin: Sonntag, 13. August, 12 bis 18 Uhr. Informationen und Stand­anmeldung unter www.topdeck-market.de