Prekär spektakulär

Werden die Kulturfestivals in Frankreich in diesem Sommer stattfinden? Diese bange Frage stellen sich derzeit viele Veranstalter, seien es Kommunen oder Privatunternehmen. Am Donnerstag voriger Woche erschien im französischen Amtsblatt Journal Officiel das neue Regelwerk für die Arbeitslosenversicherung. Es schafft die Unterstützung für Leiharbeiter in auftragslosen Zeiten weitgehend ab und verringert die Unterstützung für prekäre Kulturschaffende (intermittents du spectacle) erheblich. Die neue Regelung, die seit dem 1. Juli in Kraft ist, beruht auf einer Vereinbarung zwischen den Arbeitgebern und einigen Gewerkschaften – unter Ausschluss der eher linken CGT und SUD. Über Wochen wurde erheblicher Druck aufgebaut, um die Regierung dazu zu bewegen, das Abkommen in Kraft zu setzen. Am Dienstag um die Mittagszeit wurde bekannt, dass das berühmte Theaterfestival von Avignon am Wochenende stattfinden wird. Bei einer Vollversammlung der Kulturschaffenden stimmten 80 Prozent gegen eine Absage und für »Aktionen rund um das Festival«. Sie wollen lieber in Avignon, wo ein großer Streik am ersten Tag geplant ist, an Ort und Stelle sein und über eine Bühne verfügen, statt alles ausfallen zu lassen. Am Wochenende fanden bereits Aktionstage der intermittents zusammen mit anderen Prekären statt, kurz nach der Entscheidung der Regierung. Während Kulturministerin Aurélie Filippetti in einem längeren Gastbeitrag für Le Monde »das Ende der Bewegung« forderte, wie es die Zeitung zusammenfassend formulierte, besetzten Protestierende zahlreiche Gebäude, unter anderem das Stadttheater von Paris, wo die Aufführung von »Palermo« von Pina Bausch ausfiel und stattdessen eine Erklärung verlesen wurde, und den Hauptsitz der Arbeitslosenkasse für die Region Paris. In Marseille wurde am Wochenende ein Festival bestreikt, während in Bordeaux am Montag ein zentraler Platz für ein kollektives »Riesenfoto der Prekären« besetzt wurde.