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Es ist schon großartig, was die modernen Technologie ermöglicht. Zum Beispiel in Sachen streng wissenschaftlicher Statistik. Bevor Sie, liebe Leserin, lieber Leser, diese Zeilen in dieser Ihrer Lieblingszeitung lesen, ist das Wort »Glück« unserem ausgefuchsten Archivsuchsystem zufolge fast 1 000 Mal gedruckt worden, genauer: 998 Mal. Glück – und damit ist nun die magische Zahl 1 000 erreicht – lag noch vor »Schröder«, ein Wort, das es bislang lediglich auf 994 Wiederholungen brachte, wobei zu berücksichtigen ist, dass es in verschiedenen Kombinationen, etwa mit »Gerhard« und »Kristina«, vorkommt. Woraus schon klar wird, dass der Jungle-Berichterstattung Glück mehr am Herzen liegt als Schröders aller Couleur. Nicht zuletzt, weil es in den bürgerlichen Revolutionen – also denen, die wie alle anderen in Deutschland, wo man nur Konterrevolutionen kennt, ausblieben – eine wichtige Rolle spielte. »Das Glück ist ein neuer Gedanke in Europa«, postulierte Saint-Just 1794 in einer Rede vor dem französischen Konvent. Und bereits zuvor, in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776, wurden »life, liberty and the pursuit of happiness« zu den unveräußerlichen Rechten gezählt, die allen Menschen zustünden. Na gut, ein Teil davon ist blanke Ideologie. Aber notfalls kann man ja ein wenig nachhelfen, wenn das unveräußerliche Recht aufs Streben nach Glück mal wieder der schnöden Kapitalakkumulation zum Opfer fällt. Dafür gibt es nun – wir leben ja nicht mehr im Zeitalter der Dampfmaschine – prima Software, die Happiness-App, entwickelt von einem Start-up namens Happify aus Soho, das auf seiner Webpage eine »bedeutende Verbesserung in Ihrem Ausmaß an Glück, mit Steigerungen positiver Gefühle und Zufriedenheit im Leben« verspricht. Und: Der Zugang zu den grundlegenden glückssteigernden Wegen ist umsonst, erst bei ausgefeilteren muss man bezahlen. So weit die News aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Hierzulande hat mans nicht so mit dem Glück, eher mit dem Unglück, das einem unverbesserliche Volksgenossen bescheren. Aber auch dagegen gibt es Mittel und Wege. Einige davon werden in der berühmten Dschungelbar vorgestellt, am Freitag dieser Woche um 19.30 Uhr in der Berliner Schankwirtschaft Laidak in der Boddinstraße. Da liest der Titanic-Denker und Aufklärungsjournalist Stefan Gärtner aus »Benehmt Euch!«, der längst überfälligen Abrechnung mit Rüpeltum und Verrohung: ein Pamphlet gegen Internetvermüller, Handyterroristen, Vorfahrtabonnenten und Ganzkörperellbogen. Es moderiert Markus Ströhlein. Viel Glück!