Was hat der BND den USA zu bieten?

Deutsche Rezepte

Der BND hält gute Kontakte zum Regime Bashar al-Assads. Das könnte die westliche Syrien-Politik beeinflussen.

Als Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) wurde August Hanning vor allem durch Pannen und das von seiner Ehefrau Ruth herausgegebene Kochbuch »Topf Secret« bekannt, zu dem Agenten aus aller Welt Rezepte und Anekdoten beisteuerten. Nun wartet er mit einer, milde ausgedrückt, bizarren Einschätzung des syrischen Bürgerkriegs auf. »Im Moment scheint es fast, als ob Assad den moralischen Kampf gewinnt«, erzählte er Ende Juli dem Magazin Focus.
Es handelt sich wohl nicht nur um das Geschwätz eines alternden Wichtigtuers, denn Hannings Ansicht ähnelt der offiziellen Einschätzung des BND, die im Mai bekannt wurde. Von Moral war da zwar nicht die Rede, BND-Präsident Gerhard Schindler sprach von Panzern und Nachschubwegen, glaubt aber ebenfalls, das syrische Militär könne den größten Teil des Landes zurückerobern. Kurz zuvor hatte er Syrien besucht. Hat er nur nachgeplappert, was syrische Geheimdienstler ihm erzählten? Oder haben ihn Militär und Geheimdienste der USA, die nun auch prophezeien, Bashar al-Assad werde sich halten, mit Daten der Satellitenaufklärung versorgt?
Da deutsche und amerikanische Geheimdienste die arabischen Revolten nicht vorhersagten und selbst nach deren Beginn das syrische Regime für stabil hielten, muss man auch auf ihre derzeitigen Einschätzungen nicht viel geben. Doch sie beeinflussen die Politik und liefern jenen Argumente, die militärische Hilfe für die Aufständischen ablehnen. Die Warnung vor der Vorherrschaft der Jihadisten in der Opposition könnte so zur self-fulfilling prophecy werden, denn die Golfmonarchien scheren sich nicht um westliche Geheimdienstorakelei und liefern ihren Verbündeten weiterhin Waffen.
Wie geheimdienstliche Erkenntnisse zustande kommen, ist selbstverständlich geheim. Es ist daher möglich, dass die alles andere als kriegslüsterne Militärführung der USA den Kongress mit ausgewählten Informationen und Interpretationen füttert, die ein stärkeres Eingreifen nicht ratsam erscheinen lassen. Da die deutschen Agenten nicht nur Falafel-Rezepte sammeln, könnte der BND mit seinen traditionell guten Beziehungen zu Syrien – bereits Hanning war gern in Damaskus zu Gast – geholfen haben.
Gegründet als Tochterfirma der CIA mit Nazi-Personal, hat der BND mittlerweile eine politische und nachrichtendienstliche Eigenständigkeit erlangt, die es ihm erlaubt, den amerikanischen Kollegen etwas anzubieten: Informationen über Länder und Organisationen, zu denen die USA keine oder nur sehr eingeschränkte Beziehungen unterhalten. Schließlich sind Botschaften noch immer die wichtigsten Spionagezentren, aber auch der »Dialog der Kulturen« mit der Hizbollah und dem Iran verschafft Zugang zu Informationen, an die auch die NSA nicht herankäme.
Die Grundlage dieser Geheimdienstarbeit ist die weitgehend unabhängig von wechselnden Koalitionen betriebene Politik, sich durch gute Beziehungen zu isolierten Diktaturen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und in Bürgerkriegen Kontakte zu allen Seiten zu halten. Diese Politik hat mehrfach zu Konflikten mit anderen westlichen Staaten geführt, doch im Fall Syriens scheinen sowohl die amerikanische als auch die deutsche Regierung froh darüber zu sein, dass nicht überprüfbare Geheimdienstinformationen ihre zögerliche Haltung legitimieren.