Das Institut für vergleichende Irrelevanz in Frankfurt steht vor der Räumung

Den Gerichtsvollzieher wegbeamen

Einstweilige Verfügungen, die Politik der Stadtregierung und die mögliche Räumung erschweren den Betrieb des Instituts für vergleichende Irrelevanz, eines soziokulturellen Zentrums in Frankfurt am Main.

Am Eingang des Instituts für vergleichende Irrelevanz (Ivi) stehen wieder einmal vier Herren in ­Jacken der Marke Jack Wolfskin, einer typischen Uniform von Zivilpolizisten. Dieses Mal werden sie von einem Gerichtsvollzieher begleitet. Er hat eine einstweilige Verfügung dabei, der zufolge die gerade stattfindende Eröffnung der Ausstellung »Leerstand in Frankfurt« untersagt ist. Das Verbot gilt in der Zeit von 17 bis 21 Uhr. Nun ist es 19.30 Uhr. Veranstaltungen des Ivi, die auch auf der Homepage angekündigt werden, untersagt das Gericht regelmäßig per einstweiliger Verfügung. Daher sind die Besetzerinnen und Besetzer inzwischen dazu übergegangen, Konzerte und Vorträge nur noch per Mundpropaganda und Facebook zu bewerben.

Die gerichtlichen Beschlüsse können, wie im Fall der Ausstellungseröffnung in der vorvergangenen Woche, nur zugestellt werden, weil die Franconofurt AG, die derzeitige Eigentümerin des ­Gebäudes im Kettenhofweg 130 (Jungle World 22/2012), das Ivi als »Gesellschaft bürger­lichen Rechts« adressiert. Ob man bei dem so­ziokulturellen Zentrum, das sich in einem im Jahr 2003 besetzten ehemaligen Universitätsgebäude befindet, von einer GbR sprechen kann, ist juristisch fragwürdig. Einige Veranstaltungen mussten dennoch bereits abgesagt werden. In einem anderen Fall fanden sich Mitarbeiter und der Anwalt der Franconofurt AG mit einem Gerichtsvollzieher und Polizisten vor dem Gebäude ein. Die Besetzer ließen schließlich den Gerichtsvollzieher in das Gebäude. Nachdem dieser sich davon überzeugt hatte, dass gar keine Veranstaltung stattfand, zogen die Mitarbeiter des Unternehmens und ihre Begleiter wieder ab.
Am Abend der Ausstellungseröffnung in der vorvergangenen Woche wollten die Besucher sich so etwas nicht wieder bieten lassen. Die einen plädierten dafür, keinen Eingriff der Staatsmacht zu provozieren, eine Alternativveranstaltung anzumelden oder die Eröffnung einfach nach 21 Uhr stattfinden zu lassen. Andere sprachen sich dafür aus, sich nicht mehr durch Verbote gängeln zu lassen, und setzten sich am Ende durch.
Der Gerichtsvollzieher und die Zivilpolizisten verabschiedeten sich dann jedoch einfach höflich mit der Begründung: »Ihr habt ja keinen Beamer, also sehen wir das auch nicht als Veranstaltung.« Die Gäste und Besetzer blieben etwas verwirrt zurück und lauschten dann ohne Störungen den Ausführungen zweier Referenten über Wohnungsnot und Leerstand in Frankfurt – mit Beamer selbstverständlich.
Für solch absurde Szenen machen die Besetzer insbesondere die Grünen verantwortlich. »Sie wollen es sich wegen uns nicht mit der CDU verscherzen«, sagt Chris Urban im Gespräch mit der Jungle World. Die Partei hatte dem Ivi ursprünglich Unterstützung zugesichert und ein Mediationsverfahren angestoßen. Seitdem hört man von den Grünen, die in Frankfurt mit der CDU koalieren, nicht mehr viel zu dem Thema, während sich unter anderem die Linkspartei, die Piratenpartei und sogar die SPD für den Erhalt des Zentrums einsetzen. Doch Anträge der Fraktionen der SPD sowie der Piratenpartei und der ­Europa-Liste für Frankfurt, einer überparteilichen Wählergruppe, das Thema im Finanzausschuss des Frankfurter Stadtparlaments zu behandeln, wurden von der CDU mit der Zustimmung der Grünen vertagt, womit diese sich etwas Zeit verschafft haben.

Ob dem von der Räumung bedrohten Ivi noch so viel Zeit bleibt, ist ungewiss. »Da die unsere ­Namen nicht haben, können wir den gerichtlichen Weg nicht nachvollziehen. Wir sind uns aber sicher, dass Franconofurt eine Räumungsklage eingereicht hat«, sagt Urban. Er klingt nicht sonderlich optimistisch: »Von der Stadt fordern wir natürlich, dass sie das Gebäude kauft und wir weitermachen können wie bisher, die Hoffnung ist allerdings gering. Inzwischen sind wir so weit, dass wir uns mit einem Ersatzobjekt zufriedengeben würden.«