Feuchter Trockner

Shandee findet eine Hand in einem Steinbruch: Sie »war warm, die Finger bewegten sich ein wenig. Die Hand zeigte eindringlich auf ihre Tasche, also stopfte sie sie hinein.« Ja, was denn sonst? Was hätten Sie mit einer lebendigen Hand, genauer: mit einem abgetrennten Arm gemacht? Es dauert nicht lange, da geht »Daves Arm« fremd mit Shandees Freundin Rianna, die es sich ordentlich – »o Gott, o Scheiße (…) ham, ham, HAA!« – von ihm besorgen lässt.
Zwei Dinge faszinieren an Nicholson Bakers Roman »Haus der Löcher«: die stupende Phantasie des Autors und die Selbstverständlichkeit, mit der hier sämtliche Figuren beinahe alles miteinander tun. Vorausgesetzt, sie wollen es: Lust und Zwang gehören bei Baker nicht zusammen, was erfreulich ist. Die kleinen Machtspiele sind freundlicher Art. Indes entsprechen die Sexpraktiken heterosexuellen Normen, was eher unerfreulich ist. Und mit seiner Logik der Reihung stößt auch »Haus der Löcher« an die erzählerischen Grenzen des Pornos.
Was es mit dem titelgebenden »Haus der Löcher« auf sich hat? Und wie man dort hinkommt? Durch einen Trockner im Waschsalon, durch das Loch in der Eichel eines Schwanzes. Löcher sind die Pforten zu einem Lewis-Carroll-artigen Sex-Fantasy-Resort, in dem keine Muschi trocken bleibt, wenn sie den ehrenvollen Dienst in der Peniswaschanlage verrichten darf. Schamfreier Sex ist Glück, sagt dieser ­humorvolle Literatur­porno. Wie wäre es mit einer Fahrt auf einem Masturboot? Shandee ist auch da.

Nicholson Baker: Haus der Löcher. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Rowohlt, Reinbek 2012, 320 S., 19,95