Fed by the Fed

Josef Ackermann erweckte bislang geschickt den Eindruck, er sei cleverer als die anderen Banker gewesen. »Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden«, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank dem Spiegel zufolge am 16. Oktober 2008. Ihm war wohl entfallen, dass seine Bank sechs Tage zuvor von der US-Notenbank Federal Reserve Board (Fed) im Rahmen eines Notkreditprogramms Staatsanleihen erhalten hatte. Am nächsten Tag fiel ihm wieder ein, dass es die Fed gibt, die Deutsche Bank erhielt erneut US-Staatsanleihen. Insgesamt 38 Mal griff Ackermann auf die Term Securities Lending Facility zurück, deren Ziel es dem Wall Street Journal zufolge war, das Vertrauen in die beteiligten Unternehmen zu fördern. Vor allem aber war die Fed so gütig, Ackermann Hypotheken für 290 Milliarden Dollar abzukaufen, die auf dem sogenannten freien Markt wesentlich weniger oder gar nichts mehr wert gewesen wären.
Unter Bankern gilt das Gesetz der Omerta. Vermutlich hätte kein Außenstehender jemals von diesen Geschäften erfahren, wenn nicht eine von dem linken Senator Bernie Sanders geführte Gruppe von US-Kongressabgeordneten die Veröffentlichungspflicht gegen den erbitterten Widerstand des Fed-Präsidenten Ben Bernanke durchgesetzt hätte. Falls die üblichen Methoden versagen, könne die Fed immer noch Geldbündel aus Hubschraubern abwerfen lassen, hatte Bernanke einst vorgeschlagen. Hätte er seine Krisenhilfe in Höhe von 3,3 Billionen Dollar in Hundertern ausgezahlt, wären für die Auslieferung etwa 900 Chinook-Transporthubschrauber nötig gewesen. Zum Glück wird der Zahlungsverkehr elektronisch abgewickelt. Seit die Fed am Mittwoch voriger Woche die Daten veröffentlichte, weiß man, dass sie auch Industrieunternehmen sowie Privat- und Notenbanken im Ausland unterstützt hat. Zu den Profiteuren gehörten nicht zuletzt deutsche Banken, vor allem die Deutsche Bank. Lange musste man rätseln, wie eine Bank, der unter anderem das Magazin Capital eine zu niedrige Eigenkapitalquote bescheinigte und die sich, um Ackermanns Renditeziel von 25 Prozent zu erreichen, an den dubiosesten Finanzgeschäften beteiligt hatte, die Krise fast unbeschadet überstehen konnte. Noch im Juni glaubte etwa der Spiegel: »Die Bank stieg deshalb aus vielen Geschäften rechtzeitig aus und musste am Ende nicht so hohe Abschreibungen wie andere Kreditinstitute verkraften.« Doch nun weiß man, dass die Fed Ackermann die Abschreibungren ersparte. Man ahnt nun, warum US-Politiker manchmal etwas grantig reagieren, wenn sie, nachdem die Fed auf Kosten des amerikanischen Staatshaushalts nicht nur die Finanzbranche der USA, sondern auch Europas und insbesondere Deutschlands vor dem Zusammenbruch bewahrt hat, von Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert werden, doch bitte etwas mehr zu sparen.