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Der Marquis vom Golf

»Emiratis sind allgemein warmherzig, sehr gastfreundlich und respektvoll. Es ist üblich, dass die Einheimischen ihren Gästen Erfrischungen oder Tee anbieten«, teilt die Regierung Abu Dhabis mit. Doch Sheikh Issa bin Zayed al-Nayhan, ein Halbbruder des regierenden Emirs und Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, deren Teilstaat Abu Dhabi ist, kann nicht als herausragendes Beispiel für die Gastfreundschaft der Wüstensöhne gelten. Er traktierte einige seiner Gäste mit einer Peitsche und einem mit Nägeln gespickten Knüppel. In der vergangenen Woche wurde ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie Issa bin Zayed al-Nayhan einen afghanischen Geschäftsmann foltert, der ihn angeblich übervorteilt hatte. In Umlauf brachte es Bassam Nabulsi, der einst ein Vertrauter al-Nayans war und angibt, selbst von der Polizei Abu Dhabis gefoltert worden zu sein. Nabulsi soll noch im Besitz von mehr als 25 weiteren Foltervideos sein. Sie sollen als Beweismaterial in einem Prozess dienen, den er in den USA gegen den Sheikh anstrengt. Dass al-Nayhan aus Abu Ghraib nichts gelernt hat und seine Gewalttaten dokumentieren ließ, scheint mit seinen persönlichen Bedürfnissen zu tun zu haben. Nabulsi zufolge schaute sich der Sheikh die Videos gerne im Palast an.
Das Innenministerium Abu Dhabis rang sich zu der Feststellung durch, dass »die im Video dargestellten Ereignisse eine Verletzung der Menschenrechte darzustellen scheinen« und kündigte eine Untersuchung an. Die Kritik von Menschenrechtsorganisationen konnte man bislang ignorieren, doch könnte der Skandal nicht nur dazu führen, dass Geschäftsleute in Zukunft Einladungen aus den Emiraten ablehnen werden. Im US-Kongress wird derzeit ein Abkommen über zivile nukleare Zusammenarbeit mit den VAE debattiert. »Wie können wir angesichts so abscheulicher Menschenrechtsverletzungen mit einem so heiklen Abkommen vorankommen?« fragt der Abgeordnete James P. McGovern.