Deutsche Hilfe für den Wiederaufbau in Italien

Hilfe zur nationalen Versöhnung

In Onna, einem vom Erdbeben völlig ­zerstörten Dorf in den Abruzzen, verübten deutsche Soldaten 1944 ein Massaker. Deutschland verspricht jetzt finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau.

Nachdem Ex-Faschisten in Italien in die Regierungsgeschäfte übernommen worden sind, musste nun auch dem 25. April, dem Jahrestag der italienischen Befreiung vom Nazifaschismus, eine neue, revisionistische Bedeutung zukommen. Ministerpräsident Silvio Berlusconi lud deshalb in diesem Jahr zu einem besonderen Festakt nach Onna.
Das kleine Dorf in den Abruzzen wurde durch das Erdbeben Anfang April vollständig zerstört. 50 Menschen starben unter den Trümmern, keines der stehengebliebenen Häuser ist noch bewohnbar, die knapp 250 Überlebenden kampieren in Zeltunterkünften.
Die Ortschaft bot ihm somit eine eindrucksvolle und gleichzeitig symbolträchtige Kulisse: Im Juni 1944 hatte die Wehrmacht hier ein Massaker verübt. Ein Bauernsohn aus dem Dorf hatte es gewagt, gegen die deutschen Besatzer zu rebellieren. Die 114. Jäger-Division unter Kommandeur Hans Bölsen exekutierte daraufhin 17 unschuldige Männer und Frauen und sprengte mehrere Häuser in die Luft.
Inmitten der Trümmer der Erdbebenkatastrophe widmete Berlusconi seine Ansprache der Erinnerung an die Opfer des Kriegs. Ausdrücklich gedachte er auch denjenigen, die »auf der falschen Seite gekämpft und in gutem Glauben ihr Leben einer verlorenen Sache geopfert haben«. 65 Jahre danach sei es an der Zeit, alte Gegensätze zu überwinden und zu einer einheitlichen nationalen Erinnerung zu finden. Angesichts der erneuten Tragödie käme es darauf an, mit vereinten Kräften den Wiederaufbau zu leisten, Onna solle zum Symbol der nationalen Versöhnung werden.
Diese Art Vergangenheitspolitik gefällt auch deutschen Diplomaten in Rom. Der Botschafter Michael Steiner versprach gezielte »Hilfsleist­ungen«, damit die Ortschaft zum Symbol einer neuen deutsch-italienischen Vergangenheits­bewältigung werden kann. Für Außenminister Frank-Walter Steinmeier soll in Onna deutlich werden, »wie sehr im deutsch-italienischen Verhältnis Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit miteinander verknüpft sind«. Tatsächlich sind beide Regierungen daran interessiert, dass nicht länger an die in der Vergangenheit von Nazis und Faschisten verübten Verbrechen erinnert wird, damit man sich in der Gegenwart auf rhetorische Floskeln und symbolische Gesten ­beschränken kann und in Zukunft von juristischen Auseinandersetzungen über Forderungen nach Entschädigungszahlungen verschont bleibt.