Ernst Jünger kommt zu neuen Ehren

Wieder en vogue

Der renommierte französische Gallimard-Verlag ehrt Ernst Jünger mit einer historisch-kritischen Ausgabe.

Wenn sich der mittlerweile 80jährige Schriftsteller Georges-Arthur Goldschmidt zu Ausfällen gegen eine »gewisse Pariser Intelligenzija, die vermeintlich auch über Geschmack und geistige Eleganz entscheidet«, hinreißen lässt, muss Wichtiges vorgefallen sein. Und tatsächlich war Goldschmidts Intervention in der Frankfurter Rundschau in der vergangenen Woche nötig, denn der Skandal ist kein geringer: Die Kriegstagebücher Ernst Jüngers werden zukünftig in der Bibliothèque de la Pléiade im Pariser Verlagshaus Gallimard erscheinen. Dort findet man sie zukünftig neben den Werken von unbestreitbaren Klassikern wie Valéry, Aragon, Michaux, Camus, Austen, Gorki, Melville. Deutschsprachige Autoren in der Bibliothèque de la Pléiade sind Hölderlin, Brecht, Kafka, Kant, Luther, Marx oder Nietzsche. In diese Reihe gehört Jünger nicht.
Goldschmidt stellt zu Recht fest, dass »die französische Fassung nichts von der Mischung aus Brutalität und verlogener Betulichkeit der Sprache Jüngers sehen lassen wird, weil hier der Sprachfilter eben nichts vom geharnischten Kitsch des Stils dieses Schreibers durchlässt, zweitens weil ihnen der eiskalte Hintergrund, die fast mörderische Indifferenz des eigentlich Gemeinten verborgen bleibt«. Denn Jünger liest sich in der französischen Übersetzung besser als im Original. Doch auch diese stilistische Ehrenrettung verdeckt nicht, dass mit Jünger jemand geehrt wird – und eine Aufnahme in diese Buchreihe ist in Frankreich nicht weniger als eine Adelung –, der bereitwillig mit der braunen Soldateska nach Paris marschierte, um dort seine Frankophilie als Herrenmensch ausleben zu dürfen.
Zwar sind in der Bibliothèque de la Pléiade auch die Faschisten Céline und de Montherlant vertreten, doch diesen muss man wenigstens zugute halten, dass sie für die französische Literatur eine gewisse Bedeutung hatten. Jünger hingegen, der kein Nazi war, wohl aber Faschist (und nur deshalb kein Freund Hitlers), wird in Frankreich gern als böser Bub gefeiert, der das Archaische im Menschen entdeckt und beschrieben habe. Dergleichen ist auch in Deutschland wieder en vogue. Und sicher ist, dass uns die hiesigen Jünger-Fans mit dieser französischen Adelung noch lang behelligen werden. Sie werden sie als Freispruch für Jünger werten. Dagegen aufzubegehren, ist allemal wichtig.