Klingelingeling!

Damit das Fest der Feste noch festlicher klingt als sonst: Wir empfehlen die schönsten Weihnachtsalben aller Zeiten! von markus ströhlein

V.A.: Christmas on Death Row

Okay Kids, die Homies aus eurer Schulhofposse halten Weihnachten wahrscheinlich für uncool und dissen den Nikolaus: »Santa Claus ist voll whack, der schwule Spast!« Aber hört euch doch mal diese fetten Tracks an! Dr. Dre hat sie auf seinem Label Death Row released. Und Dr. Dre hat doch wohl mehr Street Credi­bility als Stefan aus der 10b. Den ersten Tune auf der Platte droppt Snoop Doggy Dogg: »Santa Claus goes straight to the Ghetto!« Das ist der derbe Shit, Alter! Auch von Danny Boy, Tha Dogg Pound, 6 Feet Deep und anderen geht »Respect« raus an Josef, den als Zimmermann getarnten Pimp von Bet­lehem, an Maria, die Bitch Gottes, und an Jesus, den deepsten Hustler des Heiligen Lands. Und mal im Ernst: Jesus war der erste MC der Geschich­te. Die Bergpredigt hatte einen coolen, aber trotzdem tighten Flow. Noch dazu hatte Jesus eine Message: Peace out! Und auch Santa Claus kickt krasse Lines und Rhymes: »Hoe, hoe, hoe!« Also, ihr B-Boys und B-Girls da draußen, checkt diese Plat­te aus! Und merkt euch: Weihnachten ist voll ghetto!

Onkel Tom Angelripper: Ich glaub’ nicht an den Weihnachtsmann

Klar, Weihnachten liegt Ihnen nicht sonderlich. Denn Ihre Lieblingszahl ist »666« und nicht drei wie in »Dreifaltigkeit« oder »heilige drei Könige«. Auch hören Sie lieber die Klänge einer verzerrten ­

E-Gitarre und eines Schlag­zeugs mit Double Bass anstatt Flöten, Geigen und Schalmeien. Andererseits lassen Sie nur ungern Anlässe aus, die unter der harmlosen Bezeichnung »besinnliches Beisammensein« die Möglichkeit des ungehemmten Alkoholgenusses bieten.

Der vielseitige Interpret Onkel Tom Angelripper hilft Ihnen aus dem Zwiespalt. Der Bassist und Sänger der Heavy-Metal-Kapelle Sodom aus Gelsenkirchen glaubt wie Sie nicht an den Weihnachtsmann, sondern an Luzifer, den Schutzpa­tron aller Metalfans. Und doch plärrt Onkel Tom auf seiner Soloplatte in schönstem Alkoholikertenor: »Stille Nacht!« Grölen Sie mit! Zeigen Sie Ihren Lieben, wie man um den Christ­baum mosht! Drehen Sie laut auf und spielen Sie auf Ihrer körpereigenen Luftgitarre »Leise rieselt der Schnee«! Mit Onkel Tom Angelripper wird aus jedem deutschen Traditionslied eine rumpelnde Metal-Polka. Da kommt Weihnachtsstimmung auf. Und nicht nur das: Diese Platte voller Heavy-Heiligabend-Hits klingt, wie sich Ihr Kopf am Tag nach dem Glüh­weinsuff anfühlt. Und sie ist noch lustiger als jeder Rosenmontagszug. Bang your head and scream out loud: Christmas is heavy!

Liederkreis Deutsche Weihnacht: Hohe Nacht der klaren Sterne

Ihnen reicht es: Wo früher Tannenwedel aus heimischen Wäldern das Haus der deutschen Familie zierten, verschandeln heutzutage bunte Lichterketten aus ausländischer Herstellung die Fenster vieler Wohnungen. Von antiautoritärer Erziehung verweichlichte Kinder warten auf »Santa Claus«, nicht auf Knecht Ruprecht. Und statt »besinnlicher Weihnacht« oder einer »schönen Julfeier« wünscht man Ihnen »Merry X-Mas« oder am Ende sogar »Happy Hanukkah«.

Machen Sie deshalb Ihr Heim mit diesem Tonträger aus garantiert deutscher Herstellung zu einer Trutzburg nationalen Brauchtums! Entzünden Sie Ihren germanischen Jahreskranz und singen Sie mit Weib und Kinderschar »Sonnenwende, Sonnenwende«, wie es schon Ihre Ahnen am Julfeuer taten. Stimmen Sie ein in »Hohe Nacht der klaren Sterne«, wie es schon Ihr Großvater im Artilleriefeuer in Stalingrad tat. Das Urteil zahlreicher, zufriedener Volksgenossen ist eindeutig: »Endlich mal kein Ami-Kram!« Oder: »Besinnliche Lieder für die echte, ursprüngliche, nicht­christliche Weihnacht!« Bestellen auch Sie sofort diesen unverzichtbaren Tonträger ganz einfach im Weltnetz! Oder wenden Sie sich an den Bund der Vertriebenen in Nordrhein-Westfalen, der ihn im Angebot führt. Mag die von der geballten Macht der Medien­lobby irregeführte deutsche Bevölkerung den Geburtstag eines dunkelhäutigen Juden feiern: Bei Ihnen bleibt die Weihnacht weiß und deutsch!

V.A.: Christmas Riddim

Zieht es Sie in der staden, aber auch kalten Zeit eigentlich in entlegene, südliche und vor allem warme Gefilde? Aber wollen Sie dennoch keines­falls auf die festliche Hochstimmung verzichten, die sich nur in unseren Breiten einstellt? Dann holen Sie sich mit dieser CD doch einfach eine musikalische Ananasscheibe karibisch-adventlichen Lebensgefühls ins Haus bzw. in die Krippe.

Die auf diesem Album singenden Eingeborenen stammen von der fernen und wilden Insel Trinidad. Namen wie Blazer, Lil Bitts, Ginger oder H30 Phlo künden von brodelnder Exotik. Während wir christlichen Europäer beim Besuch der Weihnachtsmette in besinnliche Weisen einstimmen, finden sich diese heißspornigen Südländer in einer »Dance­hall« (Tanzhalle) ein, um sich ­ekstatisch einem »Christmas Riddim« (Weihnachtsrhythmus) hinzugeben. Auch Sie können das feurige, aber dennoch weihnachtliche Flair der Südsee in Ihr Heim einziehen und sich von Reggae, Ragga und SoCal beschwingen lassen. Hängen Sie eine Hula-Blu­men­kette neben das Lametta an den Baum! Oder stellen Sie doch gleich eine Palme statt einer Tanne neben den Gabentisch! Und tanzen Sie in Bermudashorts zu »Christmas Riddim«! Weihnachten ist karibisch!

Christmas in the Stars: Star Wars Christmas Album

Faszination Himmel! Faszination Sterne! Seit Menschen­gedenken fesseln die Weiten des Welt­alls die Fantasie der Erdenbewohner. »Wo da drau­ßen wohnen wohl der liebe Gott, Jesus, der Heilige Geist und all die Engel?« mögen sich manche fragen. »Wo dort oben fliegen Luke Skywalker und Han Solo?« grübeln vielleicht andere.

Im Himmel ist aber für alle Platz: Für Gott, Jesus, Han, Luke und Prinzessin Leia. Darth Vader und der böse Imperator bekommen aber keine Geschenke. Denn nur die gute Seite der Macht feiert Weihnachten. Feiern Sie mit! Fragen Sie Chewbacca: »What can I get a wookie for Christmas (when he already has a comb)?« Überbringen Sie dem Roboter R2-D2 Ihre besten Wünsche: »R2-D2, we wish you a merry Christmas!« Lauschen Sie dem Kinderchor vom Planeten Alderan, dessen Stimmen schriller sind als die Geräusche einer Laserkanone! Lassen Sie sich vom gol­denen Protokolldroiden C-3PO ins weih­nachtliche Weltall entführen! Eines ist sicher: Mit diesem Album sind die Macht und der Herr mit Ihnen. Weihnachten wird galaktisch!

Twisted Sister: A Twisted Christmas

In deinem antisexistischen Diskussions­zusammenhang herrscht Einigkeit: Das patriarchale Ritual »Weihnachten« muss weggesmasht werden! Denn die Bethlehemer Kleinfamilie ist eine Urmatrix für die hete­rosexistische Normierung des Alltagslebens. Schon kleine Kinder internalisieren, von Geschenken verführt, unterm Weihnachtsbaum das binäre Geschlechterkonstrukt ­Josef/Maria bzw. Heiliger Geist/Maria, also Mann/Frau. Und überhaupt: WeihnachtsMANN!

Doch trotz subversiver, emanzipatorischer Praxen, die du mit deiner Gruppe entworfen und auch umgesetzt hast, reproduziert der Weih­nachts­diskurs immer noch alle Jahre wieder die heteronorma­tiven Strukturen und Codes und entpuppt sich als schier unangreifbar. Was dir fehlt, sind die Hardrocker_Innen von Twisted Sister! Mit dem Album »A Twisted Christ­mas« erzeugt die Band Brüche in der repres­siven Folie der Zweigeschlechtlichkeit. Die Musiker tragen Lippenstift, Lidschatten, Rouge und knallbunte Leggins, effeminieren mit diesem Drag-Look das traditionelle Bild des männ­lichen Cock-Rockers und singen von polymorph-perversen Akten: »I saw Mommy kissing Santa Claus!« Doch ist »Mommy« eine »Frau«? Ist »Santa Claus« ein »Mann«? Im performativen Verwirrspiel der Vergeschlechtlichung, das du mit »A Twisted Christmas« anstoßen kannst, wird die heterosexistische Matrix dekonstruiert. Und während du die Weihnachtsgans verputzt, legt die Papa Strapse an und der Mama schminkt sich einen Schnauzer auf die Oberlippe. Weihnachten ist viel­geschlechtlich!