Nachrichten

Content Inventing Agency

USA. Wenn ein Politiker sich öffentlich blamiert, sind im Zweifelsfall jene Schuld, die ihm zuarbeiten. »Es wurde mir präsentiert als die beste Geheimdienstinformation, die wir haben«, rechtfertigte US-Außenminister Colin Powell seine im Februar 2003 vor der Uno aufgestellte Behauptung, der Irak verfüge über mobile Labors für biologische und chemische Waffen. Nun solle untersucht werden, ob die Geheimdienste »eine Basis für das Vertrauen« auf diese Informationen gehabt hätten.

Powells Angaben widersprechen den Aussagen von Mitgliedern der CIA-Führungsebene gegenüber Untersuchungskommissionen und Medien. Sie hatten die einseitige Auswertung von ihnen gesammelter Informationen durch das Pentagon beklagt und von politischem Druck gesprochen, den Vizepräsident Dick Cheney ausgeübt habe, um die CIA auf die Legitimierung der von der Regierung genannten Kriegsgründe zu verpflichten.

Cocaine Importing Agency

Haiti/USA. Beachtliche 250 Millionen Dollar soll der Clan des Ende Februar gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide in europäischen Banken deponiert haben, und der größte Teil dieses Vermögens soll aus Drogengeschäften stammen. Das behaupteten zumindest US-Ermittler in der vergangenen Woche gegenüber der Tageszeitung Miami Herald. Das Umfeld Aristides dürfte tatsächlich von illegalen Geschäften profitiert haben. Doch das Interesse der US-Regierung an der Diskreditierung Arisitides ist ebenso offensichtlich wie die Weigerung, gegen andere am Drogenhandel Beteiligte zu ermitteln. Und dass Aristide im vergangenen Jahr vier nun als Zeugen benannte Verdächtige an die USA ausliefern ließ, spricht nicht dafür, dass er mit ihnen in geschäftlicher Verbindung stand. Auch die Ermittler scheinen nicht ganz glücklich über ihre Gewährsmänner zu sein. »Einige werden wohl für die Leute gearbeitet haben, deren Initialen wir nicht nennen wollen«, mutmaßte ein Ermittler.

Von den USA unterstützte rechtsextreme Bewegungen und Todesschwadronen sind auf den Drogenhandel angewiesen, der deshalb von der CIA geduldet und mitorganisiert wird. Auch die Regierung, die zwischen 1991 und 1994 nach dem ersten Putsch gegen Aristide regierte, profitierte davon. Die Drug Enforcement Agency wusste 1993 zu berichten, dass die Drogengeschäfte »mit dem Wissen und der aktiven Beteiligung hoher Militärs und Geschäftsleute« betrieben wurden. Aus eben jenen Kreisen rekrutieren sich nun einige Mitglieder der neuen Regierung Haitis.

Strategie der Spannung

Sri Lanka. Die Gefahr eines erneuten Ausbruchs des Bürgerkrieges wächst. Bei den Wahlen am vergangenen Freitag gewannen vor allem Parteien an Stimmen, die für eine harte Haltung gegenüber den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) eintreten. Für Präsidentin Chandrika Kumaratunga, die vorzeitige Parlamentswahlen erzwang, weil Premierminister Ranil Wickremesinghe ihrer Ansicht nach der LTTE zu viele Zugeständnisse machte, ist das jedoch ein zweifelhafter Erfolg. Das von ihr geführte Wahlbündnis wird mindestens 105 von 225 Abgeordneten stellen, doch ihre eigene Partei verlor fast 20 Sitze, während die extrem nationalistische JVP gestärkt wurde.

Die Tamil National Alliance, der parlamentarische Arm der LTTE, ist mit 22 Abgeordneten vertreten. Durch Mordanschläge auf Kandidaten anderer Parteien und Anhänger einer abgespaltenen Fraktion der eigenen Organisation hat die LTTE den Anspruch auf ein politisches Monopol in »ihren« Gebieten bekräftigt.

Islamische Passionen

Arabische Welt. Intrigante Geistliche drängen die repressive Staatsmacht zu einem härteren Vorgehen gegen einen gefährlichen Dissidenten: Wenn man den religiösen Zusammenhang von Mel Gibsons »Passion Christi« ignoriert, kann man den Film als Analogie zu den aktuellen Verhältnissen in der arabischen Welt interpretieren. »Die Menschen identifizieren sich mit seinem Leiden«, glaubt jedenfalls der ägyptische Videoproduzent Hassan Saleh. In den meisten arabischen Staaten kursiert der Film bereits auf dem Schwarzmarkt. Die Zensurbehörden Ägyptens, Bahrains, Katars und der Vereinigten Arabischen Emirate haben ihn für die Kinos freigegeben.

Doch viele Geistliche erklären den Film für gottlos. Nach orthodoxer islamischer Lehre dürfen die Propheten, zu denen auch Jesus zählt, nicht abgebildet werden. Zudem hat die islamische Geschichte ein Happy End, Gott rettet seinen Propheten vor der Kreuzigung. Andere Kleriker dagegen sind von der antisemitischen Botschaft so angetan, dass sie über solche Schönheitsfehler hinwegsehen. »Es ist eine gute Gelegenheit, die von den Juden an Christus und vielen anderen Propheten begangenen Verbrechen zu enthüllen«, meint der schiitische Ayatollah Muhammad Baqir al-Muhri.

Moos von 1 000 Jahren

Japan. Eigentlich ist das Land eine parlamentarische Demokratie, die Nationalhymne preist aber weiterhin den Kaiser: »Gebieter, Eure Herrschaft soll dauern/eintausend Jahre, abertausend Jahre/bis der Stein zum Felsen wird und/Moos seine Seiten bedeckt.« Nach 1945 machte man nur sparsamen Gebrauch von der Hymne. Doch im Zuge der Rehabilitierung des Nationalismus und der Militarisierung der Außenpolitik erklärte das Bildungsministerium 1999 die »Respektierung der nationalen Symbole« für verpflichtend.

In der vergangenen Woche wurde in Tokio 176 Lehrern ein Verweis erteilt, weil sie sich beim Abspielen der Hymne nicht erhoben und die Fahne nicht gebührend geehrt hatten. Dreimalige Respektlosigkeit führt zur Entlassung, und noch in diesem Monat findet eine weitere Fahnenzeremonie in den Schulen statt. Die Lehrergewerkschaft hat, unterstützt von einer Elterngruppe, gegen die Disziplinarmaßnahmen geklagt.