Konservative Parlamentarier reisen in den Irak

Ein Flug mit Rückenwind

Die Reise von drei Parlamentariern der französischen Regierungspartei UMP in den Irak verursachte einen großen Wirbel. Dabei gibt es in Frankreich viele Sympathien für das Land.

Es ist eine einfache Geschichte, die Geschichte von drei Abgeordneten, die glauben, dass die Parlamentarier noch eine Rolle in diesem Land zu spielen haben«, erklärte Thierry Mariani am Dienstag der vergangenen Woche bei seiner Rückkehr nach Paris. Zusammen mit zwei weiteren Parlamentariern der neuen konservativen Einheitspartei UMP, Didier Julia und Eric Diard, war der Abgeordnete aus dem südfranzösischen Avignon am vorletzten Samstag in den Irak geflogen.

Dort sprachen sie mit einigen offiziellen Vertretern der regierenden Einheitspartei Baath, z.B. dem irakischen Vizepräsidenten Tarik Aziz. Auf mit dem Programm stand auch der Besuch der Atomanlage Tammouz in der Nähe von Bagdad. Den Besuchern sollte vorgeführt werden, dass es im Irak nichts Schlimmes zu verbergen gebe.

Alle drei Abgeordneten gehören innerhalb des konservativen Blocks dem weit rechts stehenden Flügel an. Mariani wurde im Juni mit der Unterstützung der rechtsextremen Wochenzeitung Minute wiedergewählt. Er gilt vor allem als Hardliner der »Inneren Sicherheit«. Julia trat im März 1998 im Pariser Regionalparlament als Wortführer des Teils der Bürgerlichen auf, der sich mit den Neofaschisten des Front National verbünden wollte (Jungle World, 14/98).

Die Regierung und der Staatspräsident Jacques Chirac zeigten sich wenig angetan von der Reise der Parteifreunde. Das Außenministerium sprach seine »Missbilligung« aus, gefolgt vom Präsidentenamt im Elysée-Palast, das am Montag seine »heftige Unzufriedenheit« kundtat. Allerdings scheinen die Parlamentarier von den zuständigen Ministerien zumindest die Fluggenehmigung bekommen zu haben. Die Reise wurde von Ofdic, einer vor drei Jahren gegründeten Wirtschaftslobbyorganisation, finanziert.

Die Verbindungen der französischen Politik und Ökonomie zum Irak sind besonders eng, da Frankreich in den siebziger und achtziger Jahren einer der wichtigsten Alliierten des Irak war. Während des iranisch-irakischen Krieges von 1980 bis 1988 stattete Frankreich das Land mit allerlei militärischem Gerät aus und lieh ihm sogar armeeeigene Mirage-Kampfjets.

Das war allerdings kein Alleingang. Damals waren sich alle westlichen Großmächte zumindest darüber einig, dass so viele Waffen wie möglich in die Region geschafft werden sollten. Denn die USA wollten beide Regionalmächte so lange und so intensiv wie möglich gegeneinander Krieg führen lassen.

Diente doch der Konflikt, der rund eine Million Todesopfer forderte, dem »Petrodollar-Recycling«. Das bedeutete, dass die in der Region abgeschöpften Gewinne aus dem Ölgeschäft in den westlichen Ländern für den Kauf von Militärtechnologie ausgegeben wurden. Zugleich hielt der Konflikt die Öl produzierenden Länder politisch schwach und den Ölpreis niedrig.

Wie die Wochenzeitschrift Newsweek in der neuesten Ausgabe schreibt, half Washington damals dem Irak beim Versuch der bakteriologischen Bewaffnung: »Es ist schwer zu glauben, dass Amerika in den achtziger Jahren dem irakischen Atomenergie-Kommissariat lange Zeit erlaubt hat, Bakterienkulturen zu importieren, die zur Herstellung biologischer Waffen verwendet worden sein könnten. Aber es ist geschehen.«

Die New York Times berichtete bereits am 18. August, 60 Offiziere des Militärgeheimdiensts DIA (Defense Intelligence Agency) seien in den frühen achtziger Jahren abgestellt worden, um den Irak mit Satellitenbildern über den iranischen Aufmarsch und anderen kriegswichtigen Informationen zu versorgen.

Seit den so genannten Irangate-Enthüllungen im Jahr 1987 war bekannt, dass die USA und Israel seit 1981 den Iran aufgerüstet hatten. Verantwortlich für die Beziehungen zum Irak war seit 1982 der Sonderbeauftragte des damaligen Präsidenten Ronald Reagan für den Mittleren Osten, Donald Rumsfeld, der derzeit amtierende Verteidigungsminister in Washington.

Während allerdings die amerikanische Regierung vor allem hinter den Kulissen agierte und versuchte, beide Kriegsgegner aufzurüsten, ergriffen Frankreich und Westdeutschland öffentlich Partei für einen der beiden Protagonisten. Der westdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher besuchte 1984, als erster westlicher Außenminister seit der Machtübernahme des Ajatollah Khomeini, Teheran.

Frankreich unterstützte dagegen politisch und ideologisch das Regime Saddam Husseins. Das »moderne und republikanische« Regime im Irak, das den Krieg im September 1980 begonnen hatte, wurde als »Bollwerk gegen die fundamentalistischen Horden« dargestellt (Jungle World, 8/98). Dahinter stand das imperialistische Interesse an einer eigenen Einflusszone.

Anfang der siebziger Jahre suchte Frankreich intensiv nach Bündnispartnern im Nahen und Mittleren Osten, denn die Kriege gegen Ägypten und Algerien hatten Paris im Mittelmeerraum viel diplomatischen Einfluss gekostet. Als der Irak, infolge der Nationalisierung der ehemals britischen Erdölquellen im Jahr 1971 sowie der Ölpreissteigerung zwei Jahre später plötzlich zum devisenkräftigen Land wurde, war der gesuchte Partner endlich gefunden.

Mit dem Beginn der Krise in der Golfregion nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait im Jahr 1990 veränderte die französische Regierung ihre Haltung und beteiligte sich am Krieg gegen den Irak. Der größere Teil des politischen Establishments wollte bei einer Neuordnung des Mittleren Ostens unter militärischer Führung der USA nicht zu spät kommen, als es um den Zugriff auf die Ölvorräte ging.

Die rechten Spitzenpolitiker Jacques Chirac und Valéry Giscard d'Estaing, die in den siebziger Jahren gute Freunde des Irak waren, kritisierten sogar den Präsidenten François Mitterrand, weil er erklärt hatte, Frankreich verpflichte sich, in dem Konflikt keine Nuklear- oder Chemiewaffen einzusetzen.

Doch einige Linke und Rechte wollten sich am Umschwung nicht beteiligen, sie beharrten auf der Vertretung eigener nationaler Interessen. Der damalige Verteidigungsminister Jean-Pierre Chevènement trat deswegen während des zweiten Golfkriegs zurück. Ab Mitte der neunziger Jahre knüpften diese Lobbyisten erneut ökonomische Kontakte zum Irak, die aber nicht vergleichbar sind mit den intensiven Beziehungen früherer Zeiten.

Offensichtlich sind diejenigen, die Frankreichs Interessen eher an der Seite des Irak sehen, weiterhin innerhalb der regierenden Konservativen aktiv. Auch die Regierung hält es derzeit für angebracht, sich als »Vermittlerin« zwischen Washington und Bagdad zu betätigen. Im Sicherheitsrat der Uno versucht Frankreich, den Irak zur Rückkehr der UN-Inspektoren zu zwingen, aber die von der US-Regierung auf jeden Fall gewünschten militärischen Aktionen möglichst zu vermeiden.

Gleichzeitig hat Chirac die Zustimmung Frankreichs zu einem Krieg gegen den Irak, falls er mit dem Mandat der UN stattfindet, nicht verweigert.