Regierung vs. Separatisten

Eta überlistet

Mit einer Verfassungsdebatte und schärferen EU-Gesetzen will die spanische Regierung separatistische Gruppen zurückdrängen.

Die Fahne und die Hymne Spaniens, all die großen Symbole der Verfassung, sind heute Garantien der Freiheit und der Vielfalt«, erklärte der spanische Außenminister Josep Pique am vergangenen Freitag, dem nationalen Tag der Verfassung. Und auch auf dem Kongress der konservativen Regierungspartei PP im Januar will Pique eine große Rede über den Verfassungspatriotismus halten.

Fahne und Hymne, ausgerechnet mit diesen traditionellen Wahrzeichen des Patriotismus wollen die Konservativen den spanischen Nationalismus modernisieren. »Einige unserer Symbole eignete sich der Franquismus an, weshalb sich viele Menschen nicht mit ihnen identifizieren können«, erläuterte Pique. So ist ist die Fahne aus der Zeit der Franco-Diktatur bis heute das Staatsbanner, während die Fahne der besiegten spanischen Republik nur auf Demonstrationen der Linken zu sehen ist.

So ganz friedlich soll allerdings auch der neue Verfassungspatriotismus nicht sein: »Der Verfassungspatriotismus kann eine wunderbare Waffe sein, weil der Terrorismus zwar polizeilich und juristisch besiegt werden muss, aber auch die Doktrinen, welche den Terrorismus legitimieren, sozial isoliert werden müssen.« Spanien sei nun ein Synonym für die Freiheit, ein offenes Land, dynamisch und tolerant. Bei diesem Ausspruch wird Pique sicher nicht an die Südgrenze Spaniens (Jungle World, 48/01) gedacht haben.

Ministerpräsident José María Aznar nutzte den Tag der Verfassung auch gleich noch, um sich gegen die von der sozialdemokratischen PSOE vorgeschlagene Verfassungsreform auszusprechen. Der Vorsitzende der katalanischen Sozialdemokraten, Pasqual Maragall, hatte Anfang Dezember einen asymmetrischen Föderalismus gefordert, der drei als Nationen definierten Regionen Spaniens - dem Baskenland, Katalonien und Galizien - per Verfassung noch mehr Autonomie garantieren sollte.

Noch mehr also als das, was die konservative Regierung dem Baskenland und Katalonien bereits in der letzten Wahlperiode gewährt hatte: weitreichende Autonomie bei den Steuereinnahmen und der Sozialversicherung. In beiden Regionen hatten schließlich rechte Parteien, die separatistisch-national eingestellt sind, die damalige Minderheitsregierung der spanischen Volkspartei PP toleriert.

Nach den Wahlen vom März 2000, bei denen die PP die absolute Mehrheit im nationalen Parlament gewann, überwarf sie sich allerdings mit den Regionalregierungen der Nationalen Baskischen Partei PNV und der katalanischen CiU. Die Regierung in Madrid und die baskische Regionalregierung streiten sich seit Wochen heftig über ein neues Steuerabkommen und die spanische Variante des Länderfinanzausgleichs. Zudem will die PNV auch mit eigenen Vertretern in der spanischen Delegation an den Verhandlungen im EU-Finanzministerrat teilnehmen. Ihrer Ansicht nach soll die Region, die eigene Steuern erhebt, über deren Verwendung autonom entscheiden dürfen.

Die oppositionelle PSOE versucht nun, sich als bessere Alternative für die Lösung der regionalen Konflikte darzustellen. Als die Partei Anfang Dezember verkündete, sie wolle mit der baskischen PNV reden, um den Streit um die Finanzautonomie beizulegen, reagierte der spanische Finanzminister, Cristóbal Montoro, unmissverständlich. Dies sei allein die Aufgabe der Regierung.

Die PSOE hat der PNV nun einen Handel angeboten. Die Sozialdemokraten unterstützen die weitgehende Steuerautonomie des Baskenlandes, wenn die PNV am Pakt der spanischen Parteien gegen die Eta mitwirkt. Zudem soll sie jede kommunale Zusammenarbeit mit den Abgeordneten der baskisch-linksnationalen Partei Batasuna beenden.

Gleichzeitig forcierte die spanische Regierung in den EU-Gremien die europäische Unterstützung ihres Kampfes gegen die Eta. Bei dem Treffen der EU-Justizminister am letzten Freitag in Brüssel verständigte man sich auf eine gemeinsame Definition dessen, was Terrorismus als Straftatbestand bedeuten soll.

Linksnationalistische Basken und mutmaßliche Eta-Mitglieder können demnach in anderen EU-Ländern voraussichtlich kein Asyl mehr beantragen, wenn sie an Spanien ausgeliefert werden sollen. Und spätestens wenn Spanien am 1. Januar turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, wird die Regierung erneut auf einen europäischen Haftbefehl drängen.

Was die »Liste der terroristischen Organisationen« betrifft, die der Ministerrat auf dem EU-Gipfel in Laeken am 15. Dezember beschließen wird, konnte sich die spanische Regierung allerdings nicht durchsetzen. Unterstützt von der PSOE, verlangte sie zwar, dass die bisher existierende Liste der islamistischen Terrorgruppen, die mit dem 11. September in Verbindung gebracht werden, erweitert wird. Ihrer Meinung nach sollte sie aber alle bewaffneten Untergrundorganisationen umfassen, die in Mitgliedsstaaten der EU agieren. Besonders die baskische Eta, aber auch die nordirische IRA und den korsischen FLNC hatte die spanische Regierung dabei im Visier.

Der Vorschlag wurde jedoch vor allem von der französischen Regierung abgelehnt. Pierre Vimont, ein französischer Unterhändler, betonte, dass es um die Bekämpfung des internationalen islamistischen Terrorismus gehe. Gruppen, die regional operieren, seien nicht von Interesse. Eine zweite Liste sollte nach den Vorstellungen der spanischen Regierung die politischen Organisationen enthalten, die den bewaffneten Untergrund unterstützen. Vor allem die im Baskenland noch im Mai 2001 von zehn Prozent der Stimmberechtigten gewählte linksnationalistische Partei Batasuna hätte auf diese Weise in der ganzen EU kriminalisiert werden können. Auch dieser Vorschlag wurde von mehreren Mitgliedsländern abgelehnt.

Es sei ein barbarischer Akt, erklärte der Vorsitzende der PNV, Xabier Arzalluz, wenn die Regierung fordere, Batasuna in die Terrorliste aufzunehmen. Seiner Ansicht nach könne Aznar deshalb nur als ein Anhänger Francos bezeichnet werden.