Österreichische Schauspieler in Haft

Italienisches Theater

Einem internationalen Theaterensemble wird in Italien als terroristischer Vereinigung der Prozess gemacht. Die 25 Schauspieler der Publix Theatre Caravan wurden nach ihrer Abreise aus Genua vor anderthalb Wochen festgenommen. Die Haft wurde am vergangenen Donnerstag um mindestens zwei weitere Wochen verlängert, nachdem die Anklage veröffentlicht worden war. Der Gruppe wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Das Laien-Theater rund um die österreichische Dramaturgin Gini Müller und einige ehemalige Darsteller des Wiener Schauspielhauses war im Rahmen der No-Border-Kampagne den ganzen Sommer über durch Europa getourt. An der Ostgrenze der EU und auf Grenzcamps erweckten sie das betagte »Living Theatre« von Augusto Boal wieder zum Leben. Im Mittelpunkt stand der aktionistische Angriff auf die »Festung Europa«. Nun finden sie sich selbst in den Mauern der norditalienischen Gefängisse Alessandria und Voghera wieder.

Der ausgediente und umgebaute Stadtbus der Karawane wurde am letzten Gipfeltag nahe Genua von Carabinieri angehalten und durchsucht. Eine Prozedur, die die Aktionisten im Laufe ihrer Tournee schon etliche Male über sich ergehen lassen mussten. Diesmal erkannten die Beamten allerdings in den mitgeführten Requisiten Instrumente des Terrors: Schwarze T-Shirts, Jonglierkeulen, Fackeln, Küchengeschirr und eine funktionsuntüchtige Gasmaske interpretierte der Untersuchungsrichter als Beleg für eine Beteiligung an »Vandalismus, Störung der öffentlichen Ordnung und Plünderung« in Genua.

Besonders die Farbe ihrer Kleidung wird als Indiz dafür angeführt, dass es sich bei den 17 Österreichern und ihren Kollegen aus Deutschland, den USA, Australien und der Slowakei um einen organisierten Kern des so genannten Schwarzen Blocks handelt. Marlene Streeruwitz und Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen/ Autoren in Wien können es nicht fassen: Schwarze Shirts seien schließlich ein weit verbreitetes »Markenzeichen unter Theaterschaffenden«.

Die österreichische Außenministerin Benita Ferrero-Waldner von der konservativen Volkspartei (ÖVP) hat dagegen wenig Verständnis für derart Theatralisches. Ihr Vertreter in Mailand, Konsul Manfred Moritsch, wurde erst einige Tage nach der Verhaftung zu der Theatergruppe vorgelassen. Polizisten hätten die Köpfe der Gefangenen an die Wände geschlagen, berichteten die zum Teil schwer verletzten Insassen.

Ferrero-Waldner beschwichtigte und stellte die Vermutung auf, dass sie sich die Wunden bei den Krawallen zugezogen hätten. Doch auch die Tatsache, dass die Schauspieler noch eine Stunde vor ihrer Verhaftung körperlich unversehrt ein Interview führten, irritierte Ferrero-Waldner nicht. Stattdessen wies sie darauf hin, dass drei Mitglieder des Ensembles als »Störer der öffentlichen Ordnung polizeibekannt« seien.

Silvio Berlusconi kann sich auf seine Freunde in Wien verlassen. Im Gegensatz zur Kritik, die in anderen europäischen Ländern am Vorgehen der Polizei in Genua geübt wird, erntet er in Österreich volles Verständnis.