Das IOC vergibt die Olympischen Spiele 2008 an Peking

Ende der Kritik

Wenn man die Sache bei Licht betrachtet, also auf der Suche nach allem, was schon zum Thema Olympia, IOC etc. geschrieben wurde, die Glühbirne über den Archivmappen und vorm Bücherregal anknipst, kann man glatt zu Marx werden. »Für Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt«, schrieb er 1844.

Und was für die Pfaffenideologie gilt, hat für die vielen Herren und wenigen Damen vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wohl auch seine Gültigkeit. Eigentlich sind sie schon längst unter der Erde, aber praktisch und real verbreiten sie immer noch ihren unangenehmen Atem.

Am Freitag vergangener Woche schwang sich diese auf den ersten Blick leblos erscheinende Kombo auf und erwählte die Stadt der Olympischen Sommerspiele 2008. Irgendeine musste es werden. Es wurde Peking.

Das IOC, in dem über 200 Jahre nach der französischen Revolution eine kaum noch für denkbar gehaltene Ansammlung von Aristokraten herrscht - mit Sympathieträgern wie Prinz Albert von Monaco oder Prinzessin Anne von... ja von wo eigentlich?... an ihrer Spitze -, dieses IOC hat nun zum Ausdruck gebracht, dass die Volksrepublik China die sieben Jahre bis zur Ausrichtung der Spiele auch anständig nutzen müsse, um sich zu demokratisieren. Dieser Ratschlag ist ungefähr so originell wie päpstliche Äußerungen zur Empfängnisverhütung.

Denn die ökonomische Macht des IOC, diese Forderung durchzusetzen, ist ähnlich groß wie die eines der Laterne gerade noch entgangenen Schlossbesitzers, der Eintritt kassiert, damit das gemeine Volk seine leider nur an die Wand gehängten Ahnen besichtigen kann. Auch die politische Potenz des IOC lässt sich vergleichen mit der eines Heimatmuseums.

Ähnlich wie dem Schlossherrn aber, der am Ende immer irgendwelche zurückgebliebenen Dörfler findet, die ihn gern als Souverän sähen, ergeht es auch dem IOC. Den Zirkeln, in denen sich seine Anhänger organisiert haben, geht es um den Frieden, um Menschenrechte und Demokratie, um Fairness, Chancengleichheit und Gerechtigkeit. Und das nicht irgendwo, sondern überall auf der Welt. Ihr ideologischer Katalog gleicht dem eines Sektengründers, nur dass die Freunde des olympischen Gedankens eben diesen ständig herunterbeten.

Ökonomisch bedeutend ist die Ideologie des Olympismus allerdings auch. Das IOC bietet sie nämlich wohlportioniert zum Verkauf an. Wer mit den olympischen Ringen werben will, muss zahlen. Wer das olympische Feuer tragen will, muss zahlen, und wer Fernsehbilder der olympischen Wettbewerbe zeigen möchte, muss ganz, ganz viel zahlen. So etwas nennt man auch: aus Scheiße Geld machen. Und das finden viele attraktiv. Wieder andere nennen es New Economy, aber die ist ja im Gegensatz zu den passionierten Fliegern Samaranch und Johannes Paul bereits abgestürzt.

Als Peking in der vorigen Woche vom IOC ausgewählt wurde, erklärte einer der hellsten unter Deutschlands Sportfunktionären, DSB-Präsident Manfred Freiherr von Richthofen, was er von der Sache mit den Menschenrechten noch in Erinnerung behalten hatte. So kam er dazu, seiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, »dass sich China wenigstens zur Religionsfreiheit bekennt«.

Im Wesentlichen ist die Kritik des IOC, seines Olympismus und seiner Aristokraten beendigt.