Rassismus auf den Kanarischen Inseln

Totschlag im Revier

Alles war schon klar. Und doch ist nun wieder alles anders. Nachdem eine Autopsie ergeben hat, dass der Guineer Antonio Fonseca vermutlich von Polizisten in Arrecife auf Lanzarote getötet wurde (Jungle World, 36/00), versuchen die kanarischen Behörden jetzt, weitere Untersuchungen zu verhindern. So unterstellte der leitende Kommissar Tomás Martin Consuegra auf einer Pressekonferenz vergangene Woche den Angehörigen, dass sie nachträglich die Leiche Fonsecas entstellt hätten. Die Familie hatte zuvor Fotos vorgelegt, auf denen deutliche Spuren von Misshandlungen am Körper des Opfers zu erkennen waren.

Ebenso machte Consuegra klar, dass es auf der Wache keine disziplinarischen Massnahmen geben werde, da dies »nur Vorurteile« auslösen würde, »die niemandem helfen«. Und auch das Regierungspräsidium stellt sich schützend vor seine Beamten. Es sei nichts vorgefallen, was einen Zweifel an ihrem Vorgehen rechtfertigte.

In einem ersten Untersuchungsbericht hatte die kanarische Polizei behauptet, dass Fonseca am 20. Mai an einer Überdosis Drogen gestorben sei. Eine zweite Autopsie, die Medizinprofessor Antonio Garcia Antrade vorvergangene Woche durchführte, kam jedoch zum Schluss, das Opfer sei schwer misshandelt worden.

Kurz nach der Veröffentlichung des ersten Berichts hatte Francisco Cabrera, Sprecher der kanarischen Regierung, die Version des »Drogentodes« gegenüber den Medien bestätigt. Als die neuen Befunde auftauchten, wusste Cabrera plötzlich nichts mehr von dieser Stellungnahme. Man habe nie »ausschließlich« von einer Überdosis Drogen als Todesursache gesprochen.

Die Polizei von Arrecife begründete die Verhaftung Fonsecas mit seiner Verwicklung ins Drogengeschäft. Fonseca sei im November vergangenen Jahres kurz nach seiner Einreise in Bilbao, wo er seinen Wohnsitz hatte, wegen Drogendelikten verhaftet worden. Die örtliche Polizei bestätigte diese Aussage nicht, eine solche Verhaftung habe es nie gegeben, Fonseca sei bei der Polizei in Bilbao nicht registriert.

In der Tageszeitung El Mundo wurden nun neue Beweise gegen die Polizei vorgebracht. Ein Zeuge, der in der Tatnacht ebenfalls in der Polizeiwache inhaftiert war, sah, wie Fonseco aus Ohren und Nase blutete, während die Polizeibeamten ihn zu Tode prügelten. Ein Anwalt des katholischen Sozialwerks Caritas in Tenerife, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, sagte gegenüber der Zeitung, dass ihm Migranten fast täglich von Misshandlungen auf den Polizeiwachen berichteten. Auch zu Vergewaltigungen komme es immer wieder. Aus Angst vor der Abschiebung wollen die Betroffenen aber unter gar keinen Umständen juristisch vorgehen.

»Damit sind mir die Hände gebunden«, so der Anwalt. Für ihn sind Fälle wie der Tod Fonsecas Folge der Ausländergesetze und der rassistischen Politik der spanischen Regierung (PP). Die Kanarische Regierung unter Führung der Coalicion Canarias unterstütze die Politik der PP und versuche, ein Klima der Ablehnung gegenüber den Migranten zu erzeugen.