Deutsch-iranische Beziehungen

Handel mit Agenten

So kennt man das von dem Brettspiel Monopoly: Wer ins Gefängnis muss und dabei über Los kommt, zieht keine 4 ooo ein. Im Iran wird Monopoly anders gespielt: Wer einsitzt, kommt frei, wenn er zahlt - vorausgesetzt, die äußeren Bedingungen stimmen.

Der deutsche Geschäftsmann Helmut Hofer hat für seine Freilassung nach 28 Monaten Geiselhaft im Iran umgerechnet 12 800 Mark gezahlt. Aber auch 100 000 Mark hätten ihm nichts genutzt, wenn sich die deutsche Regierung nicht auf einen Deal eingelassen hätte: Der vom Iran der Spionage verdächtigte Hofer kam raus, weil in Deutschland ein iranischer Agent freigelassen wurde.

Einen Tag vor der Entlassung Hofers war Hamid Chorsand zu einer 18monatigen Haftstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 5000 Mark verurteilt worden. Chorsand hat, wie es in der Urteilsbegründung heißt, eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt. Im Auftrag des iranischen Geheimdienstes Vevak sammelte er jahrelang Informationen über in Deutschland lebende Exil-Iraner.

Wenn es allein nach den iranischen Mullahs gegangen wäre, hätte es einen anderen Tausch gegeben: Helmut Hofer gegen Kazem Darabi, den Drahtzieher des Mykonos-Attentats. Das aber wollte die Bundesregierung nicht. Und so einigte man sich wohl in der Mitte: Hofer gegen Chorsand plus Wiederaufnahme des so genannten kritischen Dialogs, sprich: einen Ausbau der Handelsbeziehungen.

Zwar hatte Hans-Ulrich Klose (SPD), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Mitte Januar bei einer Reise in den Iran angegeben, sich für die Freilassung Hofers einzusetzen. Nach seiner Rückkehr aber sagte Klose in einem Interview, dass er alles unternehme, damit der »kritische Dialog« mit dem Iran wieder aufgenommen werden könne.

Mit der Freilassung Hofers ist der Weg für die Fortsetzung der wirtschaftlichen Beziehungen wieder frei. Die rund tausend - seit den Protesten vom Sommer letzten Jahres - inhaftierten Studenten interessieren Klose nun ebensowenig wie die schon zuvor festgenommenen 13 iranischen Juden. Ihnen wird Spionage vorgeworfen.

Gewiss, Klose bleibt kritisch. So kritisch wie der gleichnamige Dialog: Er erwarte nach einem möglichen Sieg von Präsident Mohammad Khatami bei den kommenden Wahlen im Iran keinen Systemwechsel, da man bei den Differenzen zwischen den iranischen Machthabern nicht von unterschiedlichen politischen Gruppierungen sprechen könne.

Wenn es aber künftig wieder um Erdgas, Öl und Exporte geht, kommt erst der Dialog - und dann die Kritik. Nach dem Abschluss eines Handelsvertrags oder einem gelungenen Joint-Venture lässt es sich beim anschließenden Buffet ja immer noch trefflich über Hände-Abhacken und Steinigungen streiten. Vielleicht auch über Spionage.

Denn in dem Prozess gegen Chorsand in Berlin wurde auch bekannt, dass der - so Bundesstaatsanwalt Bruno Jost - »totalitär geführte« Iran weiterhin ein breites Netz von Spionen in Deutschland unterhält. Nicht selten handelt es sich bei dem eingesetzten Personal um Studenten, Ingenieure oder Flüchtlinge, die sich so ein Taschengeld oder eine Urlaubsreise nach Asien verdienen können.

Der iranische Agent Chorsand hatte, wie sich vor Gericht herausstellte, für seine Schnüffelei vom Vevak insgesamt 12 500 Mark erhalten. 12 800 Mark hat nun Hofer für seine Freilassung gezahlt. Die zuviel gezahlten 300 Mark können als Erfolgsprämie an Chorsand überwiesen werden.