IBF

Axel allein in der Wallstreet

Axel Schulz, erst vor wenigen Monaten zurückgetretener Schwergewichtsboxer aus Bad Saarow, entsprach recht gut dem Selbstbild der Deutschen: ein ewiger Verlierer, der schon längst Nummer eins in seiner Sportart wäre, wenn, ja wenn es auf der Welt gerecht zuginge.

Doch leider regiert das Geld, einige sagen auch "Wallstreet", womit für hiesige Verhältnisse schon genügend Duftmarken gesetzt sind. Zur Zeit wird in Newark/USA von einer Grand Jury verhandelt, wie korrupt die International Boxing Federation (IBF), einer der vier großen Weltboxverbände, ist. Da geht es auch um den ersten der drei WM-Kämpfe von Axel Schulz - den im April 1995 gegen George Foreman. Schulz hatte damals keine schlechte Figur gemacht, und das Urteil, das Foreman zum Punktsieger machte, war auch umstritten. "Schulz ist ein guter Läufer und ein tapferer Bursche", analysierte Foreman nach dem Kampf korrekt, "aber einen solchen Titel bekommt man nicht, indem man vor einem alten Mann davonläuft. Man muß ihn sich holen."

Nun schreibt die deutsche Presse, Schulz habe gute Chancen, den WM-Titel doch noch zu gewinnen: durch den Schiedsspruch der Grand Jury. Der IBF wird nämlich vorgeworfen, in über 35 Fällen, der wichtigste ist der Schulz-Foreman-Kampf, bestechlich gewesen zu sein. Bei genauerem Hinsehen bemerkt man freilich, dass der blonde starke Deutsche dabei gar nicht das Opfer finsterer Machenschaften ist, als das er in Deutschland erscheint.

Der im internationalen Boxen völlig unbekannte deutsche Schwergewichtler Axel Schulz - sein ganzes Renommee bestand bis dato darin, zweimal, im Dezember 1992 und im Mai 1993, vergeblich um den Europameistertitel geboxt zu haben, war plötzlich Nummer zwei der IBF-Weltrangliste. Nummer eins belegte ein von Don King Productions (DKP), der Firma des berüchtigten US-Promoters, betreuter weißer Südafrikaner namens Fran ç ois Botha, der plötzlich ohne Grund von Platz vier auf eins geklettert war. Michael Moorer, ein US-Boxer, von dem die Fachwelt schon wusste, dass er boxen kann, bevor er einer der vielen wurde, die Schulz verdreschen durften, reichte damals Klage ein. Denn eigentlich hätte er - und nicht dieser Axel Schulz from Germany - Herausforderer von Foreman sein müssen: Moorer war nämlich vor Botha als Nummer-eins-Herausforderer geführt worden.

Aus Furcht vor weiteren Untersuchungen legte Foreman damals den IBF-WM-Titel nieder - hierzulande wurde kolportiert, er habe Angst vor Axel Schulz gehabt, höhö - und, wie von Foreman zu Recht vermutet, das FBI begann prompt, über Korruption in der IBF zu ermitteln. Schulz-Manager Sauerland, so wird in den USA kolportiert, habe für das Zustandekommen des Kampfes 100 000 Dollar an die IBF-Funktionäre gezahlt. Aber, so ist in der hiesigen Profiboxszene zu hören, das sei nichts Schlimmes, so etwas machten doch alle. Denn eigentlich sind sie grundehrlich, und wenn irgendwo krumme Geschäfte laufen, dann doch nur, weil das alle machen, weil doch überall der Dollar und die Wallstreet regieren.