Flandern will auswandern

Was die Bayern, allen voran Edmund Stoiber, wollen, fordern die Flamen schon lange: ein Europa der Regionen. Im Klartext: Die reichen Regionen haben keine Lust, die Hungerleider in den anderen Gebieten durchzufüttern. Und da sich die Flamen vom wirtschaftlich schwächeren Süden Belgiens, durch dessen Verschuldung und hohe Arbeitslosigkeit, in ihrer Entwicklung behindert fühlen, hat das flämische Parlament nun einen Forderungskatalog vorgelegt. Kernpunkt: Belgien soll zwar formal weiterbestehen, die Bundesländer Flandern und Wallonien sollen aber die volle steuerpolitische Autonomie erhalten und für die sozialen Sicherungssysteme selbst verantwortlich sein. Das bedeutete nicht nur, daß sich das reichere Flandern weigert, weitere Hilfen - ähnlich dem Länderfinanzausgleich in der Bundesrepublik - an das von der Stahlkrise betroffene Wallonien zu leisten, sondern auch die partielle Sezession Belgiens, verlöre doch die Brüsseler Zentralregierung einen Großteil ihres Budgetrechts, Kernkompetenz jeder Regierung. Für die Zentralregierung des Königreichs bliebe lediglich die Innen-, Außen und Verteidigungspolitik - sofern sie nicht schon wie die Währungspolitik an die EU abgetreten worden sind.