EU-Kommission vs. Duty free

Quelle querelle Bruxelles

Nehmen wir an, Sie wollten keine Eulen nach Athen tragen, sondern nur mal eben in der Jahreszeit, in der in Deutschland die ersten Blätter fallen, einen Gyros oder eine jener lauwarmen griechischen Suppen an einem versmogten Originalschauplatz verspeisen, bevor Sie auf dem Sonnendeck einer weißen Fähre über die blaue Ägäis bis zu dem berühmten Kloster Chosowiotissa auf Amorgos, dem santorinischen Vulkan oder einfach dem wunderschönen Eiland Kouffounissi schippern. Daß Sie dafür kaum die Bahn über den Balkan nehmen können, wo Sie Gefahr laufen, auf jedem Provinzbahnhof an eine neue Volksgruppe zu geraten, die ihre Unabhängigkeit blutig einklagt - das sehen selbst die Grünen ein.

Also landen Sie zunächst im Flugzeug und dann auf dem Großflughafen Brüssel, weil dieser Umweg mit einer belgischen Fluggesellschaft viel billiger ist als der Direktflug. Sie kennen das: Vor lauter Langeweile schlendern Sie durch die Hallen. Überall Köstlichkeiten aus aller Herren und Damen Länder, die Sie noch gern bereisen möchten. Und dann springt Ihnen konkret der Whisky ins Auge, der in den USA doppelt so teuer wie in Europa ist; Sie schnuppern am Parfüm, das in Ihrem Discounter billiger ist als in der Duty-free-Abzockhalle; Sie entdecken ihre alte französische Lieblingsmarke, die Sie zu Hause in keinem Zigarettenautomaten mehr finden. Was, grübeln Sie, liegt näher, als Ihr dünnes Sommerjäckchen zu öffnen und das Zeug unter dem Arm verschwinden zu lassen. Wozu, schießt es Ihnen durch den Kopf, schlurfe ich in diesen superweiten modischen Hosen herum, wenn sich nicht darin ein Flacon verstecken ließe.

Natürlich lassen Sie sich als German traveller zu keiner voreiligen Handlung hinreißen, denn Sie denken rational. Auch ohne strafrechtliche Konsequenzen, arbeitet Ihr Hirn, stehen Risiko und Nutzen in einem denkbar ungünstigen Verhältnis. Schließlich gilt als sicher, daß die Brüsseler Flics mindestens so lange mit ihrem Fall warten würden, bis Ihre Maschine in der Luft ist. Strafe muß sein.

Damit Sie sich bei Ihrem nächsten Trip anderen, schöneren Gedanke hingeben können, hat jetzt die Brüsseler EU-Kommission nach jahrelanger Diskussion eingelenkt: Schluß mit dem Duty-free-Psychoterror! Pünktlich zum Beginn der diesjährigen Urlaubssaison am 30. Juni 1999 soll das zollfreie Ramschen beendet werden - wenn sich die EU-Finanzminister Mitte März nicht doch noch anders entscheiden. Dafür haben diese allerdings am wenigsten Grund, flössen doch einige Millionen Euro Umsatzsteuer zusätzlich in ihre Kassen, sollten sie der Vorgabe von EU-Steuerkommissar Mario Monti folgen. Außerdem müßten die Finanzminister schon einstimmig für eine Fortsetzung des Duty free votieren. Dies ist mehr als unwahrscheinlich, da Dänemark, die Niederlande und Belgien darauf keine Lust mehr haben.

Nur Gerhard Schröder - quelle querelle ˆ Bruxelles - will sich zum Retter der norddeutschen Kaffeefahrten aufschwingen und lehnt die EU-Vorgabe ab. Zig Arbeitsplätze würden sonst vernichtet, so die Argumentation. Plausibel ist das nicht, da nicht geplant ist, die Verkaufsstellen dichtzumachen; lediglich die Preise ziehen an, und das kann Ihnen ja egal sein, da Sie sowieso nicht vorhatten, für Ihr Päckchen Zigaretten zu bezahlen. Und die, die nicht wegen der Blasmusik, sondern nur fürs Schnäppchen auf den Dampfer steigen, fahren eben demnächst nach Helgoland. Das ist und bleibt eine steuerfreie Region. Muß doch nicht immer Naxos sein. Korn statt Ouzo.