Himalajische Teetrinker

Kaum zu glauben. Der pakistanische und indische Staatschef haben sich getroffen, ohne daß Atombomben als Salut gezündet worden wären. Zwar mußte die pakistanische Polizei massiv gegen die Demonstranten vorgehen, die gewalttätig den Besuch des indischen Ministerpräsidenten Atal Behari Vajpayee in Lahore verhindern wollten. Aber die Busreise Vajpayees durch das von beiden Erzfeinden beanspruchte Gebiet fand dennoch statt.

Grund: Druck der USA, denen irgendwie ungeheuer ist, daß die beiden Staaten demnächst ihre Atomwaffenversuche oberirdisch fortsetzen könnten, weil zufälligerweise ein Grenzposten irgendwo im Himalaja Haschisch-Hallus hat und falsche Infos in die Hauptstadt funkt. Schon verständlich von den USA zu drohen, den Geldhahn zuzudrehen, um den Kaschmir-Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen, der bereits zwei Kriege und unzählige Terroraktionen von radikalen Hindus und Moslems zur Folge hatte. Ob aber Vajpayee, Chef der nationalistischen Hindupartei BJP, und Pakistans Präsident Nawaz Sharif, unter dessen Führung der Einfluß sowohl des Militärs als auch des fundamentalistischen Islam wächst, die richtigen Figuren sind, die brutale Ethnisierung des Sozialen zu beenden, darf getrost bezweifelt werden. Eines aber ist so makaber wie sicher: Ohne die erfolgreichen Atomwaffen-Tests beider Staaten hätten deren Führer niemals den nötigen Respekt voreinander bekommen, gemeinsam Tee zu schlürfen.