Erfolgreicher Marsch nach Bukarest

Miron Cozma, rumänischer Bergarbeiterführer und Multi-Unternehmer, sitzt nun im Gefängnis

Wenn sich Miron Cozma in den vergangenen Wochen an die Spitze der streikenden rumänischen Bergarbeiter setzte, war zwischen ihm und den Tausenden Kumpeln kaum ein Unterschied auszumachen: Der Bergarbeiterführer kleidete sich wie einer seiner Vasallen und er sprach wie einer seiner Vasallen. Geschickt nutzte Cozma die Unzufriedenheit der Kumpel, um mit ihrer Hilfe seinen Machthunger zu stillen.

Während des schließlich zusammengebrochenen Marsches auf Bukarest stachelte er die Arbeiter auf, die Regierung zu stürzen - denn bekanntlich seien ja die Bergarbeiter selbst die Elite Rumäniens. Gleichzeitig verriet Cozma in Interviews regelmäßig, daß er die Kumpel bloß als Steigbügelhalter für seine eigene Macht benutzen würde: "Rumänien braucht mich", war Cozma überzeugt.

Seit Montag vergangener Woche ist klar, daß Rumänien ihn wirklich will. Ein Bukarester Gericht erklärte, Cozma zu brauchen, und verurteilte ihn in Abwesenheit zu 18 Jahren Haft wegen Hochverrats. Zwei Tage später schließlich faßten die ansonsten bei den Bergarbeiterprotesten leicht überforderten rumänischen Sicherheitsbehörden den prominenten Delinquenten. Gemeinsam mit seinen alten Kumpeln war Cozma abermals gegen Polizeisperren angerannt, diesmal aber hatte der Erfolg die Seiten gewechselt.

Mit der Verhaftung des Millionärs und Demagogen Cozma steht Rumänien erneut vor einer Welle von Protesten. Denn vielen von Arbeitslosigkeit bedrohten Bergarbeitern gilt Cozma als Held, der ihnen vor einem Monat bei den Verhandlungen mit der rumänischen Regierung eine völlig überzogene Lohnerhöhung von 35 Prozent verschaffte.

Daß die Arbeiter aus dem Schiltal nun abermals gen Bukarest pöbeln, hat nichts mit gewerkschaftlichem Widerstand oder Klassenkampf zu tun. Vielmehr sollen hier politische Ambitionen durchgesetzt werden, die den rumänischen Kumpeln schon lange nachgesagt werden. Bereits 1991 rief sie der damalige Staatspräsident Ion Iliescu zu Hilfe, um durch einen inszenierten Volkssturm den damaligen Premierminister Petre Roman abzusetzen.

Bei der Aktion waren die Bergarbeiter in Bukarest so willkommen, daß sich ihnen nicht einmal die Polizei in den Weg stellte. Genau auf diese Ereignisse aus dem Jahr 1991 beruft sich heute auch die rumänische Justiz mit der Verurteilung Cozmas zu einer Haftstrafe wegen Hochverrats.

Nun aber könnte es zu spät sein, die einmal von Iliescu losgetretene Lawine der Bergarbeiter-Proteste zu stoppen. Denn die wollen Rumänien immer noch retten, protestieren deswegen weiter gegen die Regierung und fordern die Freilassung des Mannes, der sich in ihren Augen bisher am besten als Retter präsentiert hat.

Dabei macht es auch nichts, daß Cozma das Buddeln unter Tage schon längst aufgegeben hat: Dank guter politischer und mafiöser Verbindungen samt einer guten Hand für Geschäfte besitzt Cozma in der Region von Petrosani mehrere Läden, Bars und Diskotheken. Außerdem gibt er die gar nicht so graue Eminenz im Hintergrund des Fußballklubs Jiul Petrosani.

Aber offenbar wurde dem Multi-Aktivisten die Provinz irgendwann zu eng: "Ich will mich nicht nur auf das Tal beschränken", erklärte Cozma vor einem Jahr ganz selbstbewußt. Kurz zuvor hatte er sich der faschistischen Partei Romania Mare (Partei Großrumäniens), die von ehemaligen Offizieren der Geheimpolizei Securitate gegründet worden war, angeschlossen.

Doch seit dem Beginn dieses Jahres scheint Cozma sein Glück verlassen zu haben: Erst schlossen ihn seine faschistischen Parteigenossen wieder aus (Jungle World, Nr. 8/99), und nun schließen ihn die Sicherheitsbehörden auch noch ein. Wenigstens hatte Cozma mit seinem persönlichen Marsch nach Bukarest Erfolg - flankiert von einer Polizei-Eskorte. Allerdings könnte es nun passieren, daß ihm die Zelle im Bukarester Zentralgefängnis zu eng wird.

Die in der Provinz zurückgelassenen Kumpel jedenfalls folgen ihrem Idol noch immer. Doch wurden sie in der vergangenen Woche auf ihrem Weg nach Bukarest vorerst gestoppt: von Polizei-Einheiten, die sich dieses Mal besser vorbereitet hatten. Hinzu kommt, daß der Kampf für die Rettung Rumäniens den Bergarbeitern ohne ihren Oberkumpel nur noch halb so einsichtig zu sein scheint.