»Befreite Zone« ohne Waffen

Der Versuch der Augsburger NPD, in der Stadt einen Neonazi-Laden zu eröffnen, ging in die Military-Hose

Schon im Mai diesen Jahres war in Mannheim der Neonaziladen "Hehl's World" nach einer monatelangen antifaschistischen Kampagne geschlossen worden. Die Stadt Ludwigshafen hatte dem Betreiber Christian Hehl die Konzession entzogen, da er "aufgrund des Gesamteindrucks seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe künftig ordnungsmäß zu betreiben".

Jetzt versuchen Kader der bayerischen NPD und JN, nach dem Vorbild der untergangenen "Hehl's World" in Augsburg einen ähnlichen Laden zu etablieren. Gegen die Eröffnung des Geschäftes mit dem einschlägigen Namen "Die befreite Zone" gingen am Samstag vergangener Woche rund 600 AntifaschistInnen in der Stadt auf die Straße. Das Motto: "Kein Nazizentrum in Augsburg".

Die stadtbekannte NPD/JN-Aktivistin Sabine Spermann hat in der ehemaligen US-amerikanischen Reese-Kaserne die Räume für das neonazistische Platten-, Merchandising- und Militarykleidungsgeschäft angemietet. Mit Werbesprüchen wie "Seid schneller als der Staatsanwalt! Jetzt noch vorbeischauen!" und "Heute kaufen, was morgen schon verboten sein kann!" sollte die entsprechende Klientel aus der Naziskinszene und rechter Jugendsubkultur zum Besuch des Ladens animiert werden.

Die für Samstag geplante Eröffnungsfeier der "Befreiten Zone" - inklusive Freibier für "alle, die einen Mindesteinkauf von DM 15,00 erreichen" - mußte allerdings vor dem Laden stattfinden. Denn das Antifaschistische Aktionsbündnis Augsburg (AABA) sorgte dafür, daß die neuen Mieter öffentlich bekannt wurden. Das Bundesvermögensamt, Verwalterin und Vermieterin des Geländes, reagierte auf den öffentlichen Druck mit einer fristlosen Kündigung des Mietvertrags.

Die Frist zum Verlassen ließen die Ladenbetreiber jedoch verstreichen und gingen statt dessen selbst gerichtlich gegen die Kündigung vor. Am Freitag - einen Tag vor der Eröffnungsparty - entschied dann das Amtsgericht Augsburg, daß die Mietvertragskündigung zunächst aufzuheben sei. Allerdings schränkte der Beschluß den Ladenbetrieb mit mehreren Auflagen erheblich ein. In den nächsten zwei Monaten dürfen sich nun nur Sabine Spermann und zwei weitere namentlich zu benennende Personen in der "Befreiten Zone" aufhalten. Damit kann die erwartete Kundschaft den Laden zunächst nicht betreten. Ausdrücklich verbot das Gericht die Lagerung von Springmessern, Schlagstöcken und CS-Gas in den Ladenräumen. Nur "Bekleidung und Accessoires" dürfen vorerst gelagert werden. Für den Fall eines Verstoßes gegen die Auflagen droht Sabine Spermann ein Bußgeld bis zu 500 000 Mark oder sechs Monate Haft.

Das Bundesvermögensamt hat jetzt zwei Monate Zeit, mit Hilfe einer Zivilklage die ungeliebten Mieter doch noch aus den Räumen zu vertreiben. Allzugroße Chancen werden dem juristischen Weg allerdings nicht eingeräumt: Sabine Spermann ist - im Gegensatz zu Christian Hehl - bisher nicht straffällig geworden, sie hat den Laden als Privatperson angemietet, und die NPD ist nach wie vor keine verbotene Partei.

Spermann kann sich zudem auf Unterstützung von NPD/JN-Strukturen verlassen. Als Reaktion auf die antifaschistische Demonstration rief Augsburgs bekanntester NPD-Kader Alexander von Webenau, Vorsitzender des Nationaldemokratischen Hochschulbundes (NHB), "die Kameraden" bayernweit zum Besuch des Ladens am Samstag auf. In der Stadt ist die NPD mittlerweile in der rechten Jugend- und Skinheadszene fest verankert. Bei regelmäßigen Stammtischen werden Schulungen abgehalten. Und zu den NPD-Großaufmärschen der letzten Monate in Rostock und Leipzig gelang es dem NPD-Kreisverband immerhin, jeweils einen mit 50 Neonazis vollbesetzten Bus zu deligieren.

Die "Befreite Zone" paßt durchaus in das bundesweit propagierte Konzept einer eigenen neonazistischen Infrastruktur, die von Kneipen - wie das "Café Germania" in Berlin von Andreas Voigt - über einschlägige Plattenvertriebe und Musikläden - wie dem Görlitzer Plattenladen "Musik Szene" von Matthias Chelbnitschek und Mario Ansorge -, Computer- und Werbefirmen bis hin zu Wachdiensten und neonazistischen Gemischtwarenläden ˆ la "Hehl's World" reicht. Für die Antifaschistische Aktion Augsburg war die Demonstration daher auch erst ein "erfolgreicher Anfang einer Kampagne, deren Ziel die Schließung der Befreiten Zone sein muß."