15 Monate Kabila an der Macht - ein Resümee

Verschworene Führung

Was wird wohl zurückbleiben? Seit mehr als 15 Monaten behauptet sich Laurent Kabila an der Staatsspitze der Demokratischen Republik Kongo. Doch nie war er so hilflos wie heute. Trotz - oder wegen? - der militärischen Erfolge der vergangenen Woche.

Denn daß er nach dem bewaffneten Konflikt, egal wie dieser ausgeht, wieder wird von vorne anfangen können, scheint ausgeschlossen. Die angolanische Armee, zweifellos militärisch stärkste Kraft in Kabilas regionaler Allianz, wird für ihn im von den Rebellen kontrollierten Osten des Kongo vermutlich nicht den Retter spielen. Ihr geht es darum zu verhindern, daß die angolanische Unita erneut ein Hinterland im Westen des Kongo gewinnt, von dem aus sie den Bürgerkrieg in Angola wieder beginnen könnte. Zudem haben Uganda und Ruanda im Osten kurze Nachschublinien, sie können von dort an- und eingreifen, wann und wie sie es wünschen.

Auch sind die Errungenschaften Kabilas mager. Nachdem er Mobutu verjagt hatte, jubelte ihm das gesamte Land zu. Doch bereits ein Jahr später, bei den Jubiläumsfeiern zu seiner Machtübernahme, blieb das Fußballstadion in Kinshasa zur Hälfte leer. Kabila hatte nie ein ernstzunehmendes Konzept, wie der zentralafrikanische Staat aus der Misere zu bringen wäre. Als herausragender Aspekt seiner Amtsführung bleibt nur sein Machtinstinkt.

Wie Kabila die Banyamulenge, seine Verbündeten im Osten des Landes, die den Krieg gegen Mobutu für ihn gewannen, fallenließ und gleich danach mit der rassistischen Propaganda gegen sie begann, ist ohne Beispiel. Die gegenwärtigen Pogrome gegen Tutsis in Kinshasa sind die Folge davon.

Kabila wurde oft zugute gehalten, daß sich "die Sicherheit" im Kongo unter seiner Führung radikal verbessert habe. Die Armee hörte auf, sich an der Bevölkerung schadlos zu halten. Eine funktionierende zivile Verwaltung wurde jedoch nie eingerichtet. Die Armee blieb stets die einzige Organisation, die in allen Landesteilen präsent war. Präsent blieb aber auch, daß sie mit Gewalt über das Land gekommen war.

Zudem bekämpften sich die Sicherheitsorgane oft untereinander, was zu grotesken Szenen führte: Mitglieder unterschiedlicher Einheiten von Polizei und Armee verhafteten sich gegenseitig. Kabilas Regierungsmannschaft war dilettantisch, da sie nicht nach Kompetenz-, sondern nach Loyalitäts- und Abstammungskriterien berufen wurde. An der Spitze aller Sicherheitsorgane waren am Ende fast nur noch Funktionäre aus Katanga, der Herkunftsprovinz Kabilas.

Überhaupt gehörten Intrigen und Verschwörungstheorien zu den dominantesten Zügen in der politischen Klasse Kinshasas, wo niemals seit Kabilas Amtsantritt eine ruhige Minute einkehrte. In ihrer paranoiden Art glaubte sich das regierende AFDL-Bündnis überall von Mobutisten umgeben. Es brachte so die gesamte politische Opposition des Landes gegen sich auf. Und bei der blieb es nicht: Kabila und sein Team setzten auf nationalistische Rhetorik. Die Abhängigkeit vom Westen sei zu beenden, hieß es aus Kinshasa. Eine "für beide Seiten gleichermaßen nützliche Kooperation" wurde propagiert.

Den Gipfel ökonomischer und politischer Naivität unter den gegenwärtigen Verhältnissen boten schließlich Pläne, daß ausländische Firmen, die im Kongo investieren wollten, gleichzeitig Schulen zu bauen hätten. Wer dennoch investieren wollte, wurde durch die immer bestehende Rechtsunsicherheit blockiert. Viele potentielle Investoren aus dem Westen packten ihre Koffer und kehrten dem Kongo den Rücken. Die großen Minenkonzerne stritten sich um Konzessionen und versuchten sich mit Hilfe von persönlichen Kontakten bei Ministerien und Beratern Kabilas gegenseitig auszuspielen.

Die Feindschaft zum Westen wurde aber eher aus Verfolgungswahn denn aus nachvollziehbaren politischen Differenzen gespeist. Die Gruppendynamik in der AFDL-Führung sorgte dafür, daß die öffentliche Denunziation des Westens zur Verschwörungsformel unter Geheimbrüdern wurde - und für den politischen Nachwuchs zur Eintrittskarte in die AFDL.