Tennos Team terminiert

Japan richtet die Fußball-WM 2002 aus und läßt den Kaisersohn jetzt schon mal üben

Am Ball, da sind sich hiesige Fußballexperten einig, kann der Japaner nicht unbedingt alles. Der Trainer Takeshi Okada soll gesagt haben, seinen Spielern seien "körperliche Grenzen" gesetzt, zumindest zitiert ihn Reinhold Beckmann in der neuesten TV-Spielfilm so, aber viele Japaner bezweifeln, daß Reinhold Beckmann wirklich den Prinzen Takamado, in vierter Linie Thronfolger in Japan, fußballerisch getestet hat.

Der Prinz unternahm bei einem Besuch während der WM in Frankreich zusammen mit Gattin Hisako nicht nur das, was von Repräsentanten stolzer Nationen erwartet wird - er schaute sich das Training der Nationalmannschaft vor dem mit 0:1 verlorenen Schicksalsspiel gegen Kroatien an -, sondern rannte auch danach in kurzen Hosen zusammen mit einer Auswahl von Verbandsoffiziellen über den Platz. Auf die teuren Beine der Nationalkicker wollte man den Prinzen lieber nicht loslassen, obwohl er sich selbst für einen ganz guten Fußballer hält. Trainer Takeshi Okada mußte bei der Pressekonferenz nach dem Training, bei dem er selbst zusammen mit dem Prinzen das zentrale Mittelfeld bildete, die Frage, ob er daran denke, den Prinzen im Spiel gegen Kroatien einzusetzen, ganz diplomatisch abbügeln: "Ich werde darüber nachdenken."

Prinz Takamado gilt etwas im japanischen Fußball. Er ist nicht nur Ehrenvorsitzender des nationalen Verbandes, er unterhält für Freundschaftsspiele im Raum Tokio ein eigenes Team, das sich Tenno (Kaiser) nennt. Mit einer Videokamera zeichnete er das Training der Nationalmannschaft auf, wohl um es seinen Jungs daheim vorzuführen. Seine Gattin, Prinzessin Hisako, so berichten es japanische Zeitungen, ist seit ihrem Studienaufenthalt in England ein überzeugter Chelsea-Fan. Als ihr Gatte gerade über den Platz lief, um es den Verbandsoffiziellen zu zeigen, griff auch sie beherzt zur Videokamera und zeichnete die Ballkünste des Prinzen auf.

Anders und weniger komfortabel reiste eine Kolonie von etwa 10 000 Japanern nach Frankreich. Sie haben keine Tickets, wollen aber gerne ihr Team unterstützen. Ihnen macht, wie auch den Supportern anderer Nationalteams, der teure Schwarzmarkt zu schaffen. "Wir hoffen", vertraute einer, der nicht über den den allergrößten ökonomischen Sachverstand verfügt, vor dem Kroatien-Spiel der Tageszeitung Asahi Shimbun an, "daß die Preise nicht so sehr explodieren wie für das Argentinien-Match." Der 30jährige gehört zusammen mit seiner Frau zu den Opfern des Ticketskandals. "Wir versuchen gerade, am Essen zu sparen", berichtete er weiter, "in unserem Hotel nehmen wir uns Sachen vom Frühstücksbüffet mit."

Mit dieser originellen Spar-Idee will das Ehepaar wenigstens noch Schwarzmarkttickets für das Jamaika-Spiel am Freitag ergattern. 3 000 Francs sind sie bereit zu zahlen. Solche Vorstellungen haben andere japanische Touristen auch, dabei bewegen sich die Preise mittlerweile schon um die 10 000 Francs. "Die Japaner sind sehr naiv, wenn sie glauben, für so einen Preis könnten sie ein Ticket kaufen", erklärte Schwarzhändler Brad aus Manchester.

Brad ist seit 16 Jahren professioneller Schwarzhändler und hat bei den Olympischen Winterspielen Anfang des Jahres in Nagano schon Japan-Erfahrungen sammeln können. Auf Kenntnisse aus dem japanischen Profifußball, der ja im Jahr 2002 zusammen mit Südkorea die Weltmeisterschaft veranstaltet, kann sich Bra" nicht stützen: In der J-League sind die Stadien schon seit geraumer Zeit nicht mehr ausverkauft. Im Gründungsjahr 1993 kamen im Schnitt fast 18 000 Zuschauer, in der Rückrunde des letzten Jahres waren es weniger als 10 000. Auch die Fernsehquoten fielen deutlich: In Tokio beispielsweise von 14,1 auf 5 Prozent. Als Hauptgrund für die Krise vermutet die Neue Zürcher Zeitung die von der Fifa vorgeschriebene Teilung der WM mit Südkorea; dies, so das Blatt, sei "eine schlimme Niederlage und Gesichtsverlust".

Im September letzten Jahres unterlag das japanische Team, das sich nur unter Mühen für die jetzige WM qualifizieren konnte - es ist die erste Teilnahme in der Geschichte - den wenig geliebten südkoreanischen WM-Ausrichterpartnern mit 1:2, und seitdem ist die WM-Euphorie deutlich gedämpft worden. Allerdings hat bei diesem Spiel ja auch Prinz Takamado nicht mitgespielt, und außerdem hat der Schwarzmarkt funktioniert. Beides läßt sich bis zum Jahr 2002 noch ändern.