Irak-Krise vorläufig entschärft

Auf in die nächste Runde

Für den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, war das Abkommen mit dem Irak ein Sieg für die UN, für den irakischen Außenminister Tarik Asis ein Sieg für die Regierung in Bagdad, doch trotz der markigen Worte schwelt der Konflikt um die Waffeninspektionen im Irak weiter. Die acht sogenannten Präsidentenpaläste im Irak sollen nun gemäß der Vereinbarung von einer "Sondergruppe" überprüft werden, die aus Waffeninspekteuren und Diplomaten bestehen wird. In den Palästen sind nach Ansicht von US-Analysten gegenwärtig keine biologischen oder chemischen Waffen untergebracht; es soll aber durch Kontrollen verhindert werden, daß diese ausgedehnten Areale als Verstecke genutzt werden könnten.

Mit dem ausgehandelten Kompromiß hat Annan die ihm am 20. Februar von den USA übermittelten "Roten Linien" für die Verhandlungen mit dem Irak überschritten. Diese sahen zwei Punkte vor: unbeschränkter Zugang für die Waffeninspektoren der UNSCOM zu allen Orten, und vollständige Kontrolle der UNSCOM über die Operationen. Und in diese Kerbe schlug der irakische UN-Abgesandte Nisar Hamdun, als er am Wochenende im US-Fernsehsender CNN andeutete, der Irak erwarte, daß die UN-Inspektoren sich künftig möglicherweise den - von Annan zu ernennenden - Diplomaten unterzuordnen hätten. Worauf der - im Irak höchst unbeliebte - australische UNSCOM-Chef Richard Butler verärgert reagierte: Die Hauptverantwortung für die Kontrollen werde selbstverständlich weiter bei der UNSCOM und der Internationalen Atomenergiebehörde liegen. Kurz zuvor hatte Asis sich im französischen Fernsehen für eine verstärkte Beteiligung französischer Spezialisten in der UNSCOM ausgesprochen, die nicht "in die Hände der Angelsachsen fallen dürfe".

Umstritten war nunmehr auch eine neue UN-Resolution, die dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein für den Fall der Vertragsbrüchigkeit Konsequenzen androht. Nur, wie sollen diese Konsequenzen definiert werden? Nach einem von den USA und Großbritannien vorgelegten

Entwurf sollten es "ernsthafteste Konsequenzen" sein, was Rußland und China zu weit ging. Frankreich hat den Entwurf zwar unterstützt, wollte jedoch sichergestellt haben, daß sich aus dieser Formulierung keine automatische Kompetenz für einen Militärschlag ergebe. Um die Zustimmung zögernder Sicherheitsratsmitglieder zu erhalten, schlug Großbritannien am Wochenende die Formel "sehr schwere Konsequenzen" vor.

Unterdessen hat sich in Israel eine Kontroverse um das Vorgehen von Regierung und einigen militärischen Kommandeuren während der Irak-Krise entsponnen. In einem Artikel der Jerusalem Post wird Shai Feldman, Chef des Jaffee Center for Strategic Studies an der Universität von Tel Aviv zitiert. Einige der israelischen Entscheidungen seien von Panik, nicht von überlegten Urteilen diktiert gewesen. Seiner Ansicht nach hätte die Wahrscheinlichkeit, daß gegen Israel Massenvernichtungswaffen eingesetzt würden, gegen Null tendiert. Insofern seien die Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung grundlos gewesen. Jedenfalls geht er aber davon aus, daß der Irak-Konflikt nicht ausgestanden ist. Die USA würden versuchen, weiterhin die UN-Inspektionsteams im Irak zu halten, und das Interesse Bagdads sei das genaue Gegenteil: "Sicher wird es eine weitere Runde geben."