Moderator der Sendung "Der Ball ist rund" auf HR 3

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Ich hatte damals einen schrecklichen Studentenjob, ich war mit einer Mini-Bar durch die Züge der Deutschen Bundesbahn unterwegs - eines Tages habe ich eine aus Versehen auf die Gleise rollen lassen.

1974 habe ich die ganze WM verfolgt, nur dieses Spiel habe ich nicht gesehen, denn damals gab es in den Zügen noch kein Fernsehen. So war das Spiel zwischen der BRD und der DDR meiner Erinnerung nach auch kein spürbares Ereignis, an besondere Reaktionen im Zug kann ich mich nicht erinnern, auch nicht daran, daß alle Passagiere etwa gebannt an ihren Radios gehangen hätten. Vielleicht sind aber an diesem Tag auch nur diejenigen unterwegs gewesen, die sich ohnehin nicht für Fußball interessierten.

Das Tor von Sparwasser habe ich mittlerweile allerdings wohl schon 1 000 Mal gesehen, das habe ich noch sehr gut in Erinnerung. So wie ich auch immer noch die Aufstellung der Weltmeistermannschaft von 1954 auswendig aufsagen kann, obwohl ich damals noch nicht geboren war. Das kommt daher, weil mir mein Vater so oft davon erzählt hat. Mit der 74er Mannschaft habe ich dagegen Schwierigkeiten, obwohl ich sie doch selbst gesehen habe. Letztens habe ich mit Freunden versucht, die Aufstellung zu rekapitulieren, was schließlich im Krach endete, weil wir uns nicht einigen konnten, ob Overath oder Netzer gespielt hatten. Schließlich haben wir dann im Suff mitten in der Nacht bei der Auskunft angerufen und wollten Overaths Telefonnummer haben. Die Frau hat sich allerdings geweigert, sie wußte genau, wer das war, er ist also heute immer noch so bekannt. Später haben wir dann in einem Buch nachgesehen - Overath spielte.

Aber an Sparwasser kann ich mich auch noch gut erinnern. Er kam später in den Westen und hatte, wie man so sagt, als Trainer kein gutes Händchen, er coachte immer nur Mannschaften, die gerade auf dem absteigenden Ast waren. Ich fand ihn immer einen eher spröden Typen, der Glamour dieses Tores hatte auf ihn nicht so abgestrahlt. Ich habe damals schon Fußball gespielt, beim SC Weiß-Blau Frankfurt, allerdings mit zunehmendem Alter immer weiter hinten. Wegen meines Knies bin ich heute nicht mehr aktiv, jetzt schreibe ich über das Team. In dieser Saison sind wir ganz gut, wir haben sogar die Chance, in die Bezirksoberliga aufzusteigen. Wir sind momentan Tabellendritter, allerdings hinter unserem Lokalrivalen Union Niederrad.

So ein richtiges Fantum habe ich nicht, ich gucke zwar alles und jeden, aber ich bin kein Fan von einem bestimmten Verein, obwohl mir z.B. Borussia Dortmund in den letzten Jahren ganz gut gefallen hat. Ich bin eher ein Fan von bestimmten Spielern und verfolge deswegen jetzt mit großer Trauer das Schicksal von Anthony Yeboah. Yeboah-Fan zu sein ist natürlich nicht sonderlich originell, aber ich mochte ihn schon immer sehr gern. Besonders gut erinnere ich mich an ein Spiel der Frankfurter Eintracht, in dem er gegen Guido Buchwald spielte - der VfB Stuttgart wurde vernichtend geschlagen, Buchwald ist regelrecht zerstört worden.

Wer in diesem Jahr Weltmeister wird, ist mir eigentlich auch egal. Ich weiß nur, daß es die Deutschen mit Sicherheit nicht werden.