Höchste Designqualität

Was liegt nahe bei Auschwitz? Zumindest sprachlich assoziativ? Das Verb "ausschwitzen". Diesen gedanklichen Quantensprung vollzog der niederländische Designer Ralph Prins und entwarf ein Plakat: zentral abgebildet ein Wort, Weiß auf Schwarz in Frakturschrift: "Ausschwitzen". Das doppelte "S" ersetzt durch "SS"-Runen. Am oberen Plakatrand dezent ein Datum: "27. Januar", unten klein eine im lexikalischen Duktus gehaltene Erläuterung: "aus-schwit-zen, eine Krankheit ausschwitzen, sich durch Schwitzen davon befreien." Vorgestellt wird das "engagierte Plakat" jetzt in der Dezemberausgabe der Designerzeitschrift Page. In Essen trat eine Jury aus Künstlern, Kommunikationswissenschaftlern und Journalisten an, den Deutschen Preis für Kommunikationsdesign zu vergeben. Neben einer Verpackung für Sägeblätter wurde dort Prins' Plakat mit dem Prädikat "Höchste Designqualität" ausgezeichnet, da es, laut Page, "mit der Visualisierung des Begriffs Ausschwitzen auf die Judenverfolgung hinweist".

Was auf den ersten Blick wie eine peinliche Provokation wirkt, birgt bei genauerer Betrachtung gleich mehrere Dimensionen der Dummheit. Daß für den Designer Frakturbuchstaben nationalsozialistische Zeichen sind - geschenkt. Obwohl: Hatten nicht die Nationalsozialisten die Fraktur und andere gotischen Schriften zurückdrängen wollen, um 1941 die "Deutsche Normal-Schrift" Antiqua durchzusetzen, weil Hitler die "Schwabacher Judenlettern" nicht mehr sehen wollte?

Vielleicht noch eine Spur dümmer ist Prins' Kunstgriff, zwei "SS"-Runen zu verwenden, um den assoziativen Bezug zum KZ Auschwitz herzustellen. "SS"-Runen sind inzwischen fester Bestandteil trivialer Pop-Ästhetik. Schon in den siebziger Jahren nutzte die amerikanische Hard-Rock-Band Kiss die "SS"-Runen in ihrem Namenszug, um sich in einer Mischung aus Banalität und Größenwahn als "hottest band of word" zu bezeichnen. Kann es sein, daß Prins genau diese Provokation durch den Kopf rauschte und er "das heißeste Plakat der Welt" gestalten wollte?