Donnerstag, 11.07.2024 / 18:56 Uhr

Iran: Neuer Präsident, alte Außenpolitik

Masoud Peseschkian, Bildquelle: Rouzbeh Fouladi, IMAGO/ZUMA Press Wire

Durch den Sieg von Masoud Peseschkian bei den iranischen Präsidentschaftswahlen könnte sich der Ton etwas mäßigen, an den außenpolitischen Linien wird sich aber nichts ändern.

Am vergangenen Samstagmorgen gab der Sprecher der iranischen Wahlkommission, Mohsen Eslami, den Sieg Masoud Peseschkians mit insgesamt 16.384.403 Stimmen vor seinem Konkurrenten, dem Konservativen Saeed Jalili (13.538.179 Stimmen), bekannt. Der Chirurg Peseschkian wurde am 29. September 1954 in Täbris geboren und ist seit 2008 Mitglied des Parlaments. Zwischen 2001 und 2005 war er Gesundheitsminister unter dem wie er aus dem sogenannten Reformlager stammenden Präsidenten Mohammad Khatami.

Peseschkian ist dem herrschenden religiösen Establishment verpflichtet, fordert aber dennoch – natürlich im äußerst eng gesteckten Rahmen der Islamischen Republik – eine Entspannung der Beziehungen zum Westen, Wirtschaftsreformen, soziale Liberalisierung und politischen Pluralismus. In seiner ersten Rede nach der Wahl zum neuen Präsidenten lobte er die Atmosphäre, in der diese stattgefunden habe und versprach, »allen die Hand der Freundschaft zu reichen« – außer Israel natürlich: Dem jüdischen Staat drohte er kurz darauf in einem Brief an Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah mit Vernichtung.

Während seiner Wahlkampagne erklärte der nunmehrige iranische Präsident, er wolle die Beziehungen zum Westen verbessern und unter anderem die Atomgespräche mit den Weltmächten wieder aufnehmen. Die Nachrichtenagentur Reuters hält Peseschkian denn auch für eine Person, die von den Weltmächten willkommen geheißen werden dürfte in der Hoffnung, er werde nach friedlichen Wegen aus der angespannten Konfrontation wegen des rasch voranschreitenden Atomprogramms suchen, womit sich das alte Spiel der Illusion über die vorgeblich »Moderaten« im Iran einmal mehr wiederholt.

Peseschkians Wahlkampf erhielt erhebliche Unterstützung von den Vertretern des sogenannten Reformlagers wie etwa von Mohammad Javad Zarif, der als Außenminister in der Regierung von Hassan Rohani von 2013 bis 2021 fungierte und nun als außenpolitischer Berater Peseschkians auftrat.

Nur kosmetische Veränderungen

Einige Beobachter glaubten in der Unterstützung durch Zarif eine Botschaft an den Westen bezüglich der potenziellen Position der iranischen Außenpolitik unter Peseschkian und die möglichen Veränderungen sehen zu können, die sich daraus ergeben könnten – Veränderungen, die jedoch bestenfalls so kosmetisch sein werden wie sie schon unter Zarif waren, zu dessen Amtszeit sich an den großen Linien der Islamischen Republik ebenfalls nichts änderte.

So erklärt denn auch der Direktor für Iran-Angelegenheiten bei der International Crisis Group Ali Fayez, dass das Büro des Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei und das Parlament ein direktes Mitsprache- und ein Vetorecht in Bezug auf die Politik des Präsidenten und wichtige Ernennungen haben. Fayez zufolge wird es dann auch bloß der Stil und der Tonfall von Peseschkian sein, in dem er sich in innen- wie außenpolitischen Fragen von seinem Vorgänger Ebrahim Raisi unterscheiden wird. Fayez ist der Ansicht, dass Peseschkian die erfahrensten iranischen Diplomaten unterstützen wird, zumal dieses Team über mehr Kompetenz im Umgang mit der Außenwelt verfügt.

Der Sonderberater des ehemaligen US-Präsidenten Obama, Dennis Ross, meinte ebenfalls, dass Peseschkian »eine realistischere und weniger konfrontative Haltung nach außen und innen vertritt«. Doch auch er wies darauf hin, dass die internationale Agenda Peseschkian durch den Obersten Führer eingegrenzt sei. Die Befugnisse des Präsidenten sind begrenzt, da die Hauptverantwortung für die Regierung des Landes beim Obersten Führer liegt, der als Staatsoberhaupt fungiert.

Abgesehen von den Versuchen, dem Westen gegenüber im Tonfall gemäßigter aufzutreten, glaubt der Wissenschaftler Sharif Haridi, der Iran werde seine Beziehungen zu nicht- bzw. anti-westlichen Mächten wie Russland und China festigen, da dies Teheran eine starke Position in den Atomverhandlungen mit den Vereinigten Staaten verschaffen würde. »Es ist wahrscheinlich, dass Peseschkian den Prozess der Annäherung an die Länder des Nahen Ostens fortsetzen wird, der während der Präsidentschaft von Ebrahim Raisi mit der Unterzeichnung des Abkommens zur Wiederherstellung der Beziehungen zu Saudi-Arabien am 10. März 2023 und den Bemühungen um eine Verbesserung der Beziehungen zum Golf-Kooperationsrat und anderen Ländern deutlich an Fahrt aufgenommen hat.«

Haridi fügte hinzu, Teherans Rolle in der Region, zu der auch die Unterstützung terroristischer iranischer Stellvertretermilizen im Irak, in Syrien, im Libanon und im Jemen gehört, wird fortbestehen, da Peseschkian zuvor seine Unterstützung für die Rolle der iranischen Revolutionsgarde zum Ausdruck gebracht hatte.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch