Eine Messe informiert über Leih­mutter­schaft, die in Deutschland verboten ist

Wünsch dir dein Baby

Eine Messe in Berlin will Eltern ihren bislang unerfüllten Kinderwunsch erfüllen. Ethische Fragen spielen dabei kaum eine Rolle.

Die Messestände sind gut besucht. Große Plakate zeigen lächelnde Babys, Bäuche von Schwangeren sowie glückliche Paare mit Kindern. Vor diesem Hintergrund halten Expert:innen Vorträge. Neben Kinderwunsch-Coaching und einem Vortrag über die richtige Wahl einer Eizellspenderin gibt es Erfahrungsgeschichten von Eltern, die mit Hilfe einer Leihmutter ihre Familie erweitert haben. Das Publikum lauscht gespannt, einige machen Notizen. Filmt oder fotografiert jemand, eilt ein Sicherheitsmitarbeiter herbei und weist darauf hin, dass Filmen und Fotografieren verboten sei.

Es ist das erste Märzwochenende. Im Tagungshotel »Estrel« an der Berliner Sonnenallee findet die Messe »Wish for a Baby« statt. Die Besuchenden eint der bisher unerfüllt gebliebene Kinderwunsch. Auf der Messe informieren 40 Stände und 50 Vorträge zumeist über verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei Unfruchtbarkeit. Die Messe ist allerdings umstritten, nicht zuletzt weil Aussteller aus dem Ausland für Eizellenspende und Leihmutterschaft werben. Beides ist illegal in Deutschland.

Weltweit ist etwa jeder sechste Mensch laut der World Health Organization irgendwann im Leben von Unfruchtbarkeit betroffen. In Deutschland leiden dem Berufsverband der Frauenärzte zufolge etwa 15 Prozent aller heterosexuellen Paare an ungewollter Kinderlosigkeit. Die Dunkelziffer soll höher sein.
Es ist demnach wenig verwunderlich, dass die Anzahl künstlicher Befruchtungen in Deutschland gestiegen ist. Von 6.577 Neugeborenen nach einer Kinderwunschbehandlung im Jahr 1997 ist die Zahl 2021 auf 23.657 gestiegen. Hilft jedoch auch diese Methode nicht, den Kinderwunsch zu erfüllen, bleibt für betroffene Paare oftmals nur der Weg ins Ausland.

Mehrere gesetzliche Regelungen verhindern in Deutschland sowohl die Eizellenspende wie auch die Leihmutterschaft.

Die entsprechenden Agenturen und Kliniken, die auf der Messe »Wish for a Baby« vertreten sind, haben ihren Sitz in Kanada, den Vereinigten Staaten, Zypern und der Ukraine. Diese Aussteller sind vorwiegend auf Leihmutterschaft und Eizellspende spezialisiert. Jedoch sind ebenso internationale Samen- und Eizellbanken sowie zwei Stände, die über Adoption informieren, auf der Messe vertreten. Neben Informationsbroschüren liegen Werbegeschenke an den Ständen aus. Es gibt Kaffee und Süßigkeiten. Sitzgelegenheiten laden ein, mit den Vertreter:innen ins Gespräch zu kommen.

Mehrere gesetzliche Regelungen verhindern in Deutschland sowohl die Eizellenspende wie auch die Leihmutterschaft. Das Gesetz zum Schutz von Embryonen stellt eine künstliche Befruchtung von Frauen unter Strafe, die bereit sind, ihr Kind nach der Geburt dauerhaft Dritten zu überlassen. Strafbar bei Zuwiderhandlung machen sich die behandelnden Ärzt:innen und die Leihmutter. Zudem untersagt das Adoptionsvermittlungsgesetz die Vermittlung einer Leihmutter. Folglich machen sich die sogenannten Wunscheltern zu keinem Zeitpunkt strafbar, im Gegensatz zu Vermittlern und Auftragnehmerinnen.

Deshalb beauftragen Paare und Einzelpersonen mit unerfülltem Kinderwunsch Leihmütter im Ausland. Hierbei spricht man auch von Reproduktionstourismus. Haben ausländische Gerichte den »Wunscheltern« die rechtliche Elternschaft zugewiesen, ihnen also die Adoption genehmigt, könne die betreffenden Kinder als leibliche auch in Deutschland anerkannt werden, wenn ein »Wunschelternteil« mit dem jeweiligen Kind genetisch verwandt ist.

Ein Bericht des Forschungsinstituts Global Market Insights schätzt den Wert des weltweiten Markts für Leihmutterschaft auf 14 Milliarden US-Dollar. Bis 2032 erwartet das Institut nahezu eine Verzehnfachung dieser Summe. Die prognostizierte Zunahme begründet das Institut mit zwei erwarteten Tendenzen: Zum einen werde die Zahl der Unfruchtbaren steigen, zum anderen die Nachfrage bei homosexuellen Paaren und Singles.
Die Slogans der Aussteller auf der Berliner Messe sprechen die passende Marketing-Sprache: »Fertility and success for all«, »Delivering dreams« und »Babies come true«. Keiner müsse demnach von Natur aus kinderlos bleiben. Um das abzuwenden, sei die richtige Wahl der Klinik, des Programms und nicht zuletzt das verfügbare Budget entscheidend.

Folgerichtig können die Besuch­er:innen Preise vergleichen und sich Angebote einholen. Am höchsten liegen die Preise für Leihmutterschaft in den USA: zwischen 100.000 und 200.000 US-Dollar. Doch auch für diejenigen mit geringerem Budget gibt es Angebote. »Erschwingliche Preise bei hoher Erfolgsgarantie!« verspricht eine Klinik in Zypern. Für heterosexuelle Paare gibt es hier ein Leihmutterschaftsprogramm ab 13.000 Euro.

Ethische Fragen spielen auf der Messe so gut wie keine Rolle. Da durch das Einsetzen einer künstlich befruchteten Eizelle einer anderen Frau etwa Leihmutter und Kind genetisch nicht verwandt sind, scheint man sich auf der Messe keine weiteren Gedanken zum Thema machen zu wollen. Die emotionale Bindung, die nach neun Monaten Schwangerschaft zwischen Mutter und Kind entstehen kann, wird dabei schlicht ignoriert, der Körper der Leihmutter instrumentalisiert. Die zum Teil erheblichen gesundheitliche Risiken einer Schwangerschaft werden dementsprechend ebenfalls nicht in Erwägung gezogen.

Leihmutterschaft sei Ausbeutung und verschleiere Menschenhandel, kritisieren die Aktivistinnen.

Leihmütter selbst kommen auf der Messe kaum zu Wort. Es sind vorrangig Ärzt:innen und andere Expert:innen, die deren Perspektive stellvertretend einnehmen. Im Vordergrund stehen eindeutig die Bedürfnisse der »Wunscheltern«. Ihnen wird zugesichert, sie seien diejenigen, die die Entscheidungen über den Verlauf der Schwangerschaft bis hin zur Gestaltung der Geburt treffen. Wer mit der späteren Leihmutter keinen persönlichen Kontakt wünscht, muss ihn auch nicht haben.

Vor dem Kongresszentrum protestierte die Frauenrechtsgruppe Femen. In einem Karton, der dem einer Babypuppe im Spielzeughandel ähnelt, steht eine Frau, die offenbar schwanger ist. »Brutkasten« ist auf dem Karton zu lesen. Links und rechts neben dem Karton steht jeweils eine weitere Frau. Auf ihren nackten Oberkörpern ist »Das Kind ist keine Ware« und »Die Frau ist keine Ware« zu lesen. Leihmutterschaft sei Ausbeutung und verschleiere Menschenhandel, kritisieren die Aktivistinnen.

In Deutschland könnten sich die rechtlichen Grundlagen bald ändern. Bereits im Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien angekündigt, das Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland zu prüfen. Ende März werden nun die Empfehlungen der Regierungskommission zur reproduktiven Selbst­bestimmung und Fortpflanzungsmedizin erwartet. Seit vergangenem Jahr berät die Kommission.