04.01.2024
Lipgloss, der nicht funkeln darf? Die Kolumnistin ist gegen ein schnelles Glitzerverbot.

Ein Herz für Glitzer

Die Kolumnistin warnt vor der »Roten Schiffs-Fraktion« und sorgt sich um ausreichende Glitzerversorgung.

So, da ist es also, dieses 2024, jedenfalls mutmaßlich, denn bis zum 1. Januar dauert es noch rund 20 Stunden. Die Kolumne muss aber schon am Silverstermorgen fertiggeschrieben werden, damit die Jungle World das neue Jahr kollektiv damit beginnen kann, auszuschlafen.

Gehen wir also der Einfachheit halber davon aus, dass wir alle es unbeschadet rübergeschafft haben. Und dass es überhaupt ein funkelnagelneu glitzerndes neues Jahr geben wird.

Schließlich ist die Gesamtsituation so, dass niemand ernsthaft eine neue bewaffnete Untergrundkampfgruppe haben will, diesmal gegründet von hochempörten Kreuzfahrt-Fans und ebenso wütenden Werft­arbeitern und -arbeiterinnen, die unter einem roten Banner mit, sagen wir: zwei gekreuzten Schiffchen und optional einer Uzi ihre Arbeit aufnimmt.

Wobei: Glitzer. Beziehungsweise Glitzerverbot. Konkret das Verbot von Glitzer in Nagellacken, weil Umwelt und Weltmeere. Nun könnte man einwenden, dass es vielleicht konsequenter wäre, zunächst die erwiesenermaßen wirklich abscheulich schädlichen Dinge abzuschaffen und sich dann gelegentlich dem Thema Glitzer ­zuzuwenden, aber nein, vermutlich werden in 30 Jahren, wenn glitzernde Nagellacke etwas sind, wovon man staunenden jungen Menschen zum Thema »doch, früher war nicht alles schlechter« erzählt, noch Kreuzfahrtschiffe über die Weltmeere tuckern. Weil, was weiß ich, Arbeitsplätze, vermutlich, und gutsituierte Wähler nicht verschrecken, und nochmal Arbeitsplätze. Plus an die gutsituierten Wähler denken.

Schließlich ist die Gesamtsituation so, dass niemand ernsthaft eine neue bewaffnete Untergrundkampfgruppe haben will, diesmal gegründet von hochempörten Kreuzfahrt-Fans und ebenso wütenden Werft­arbeitern und -arbeiterinnen, die unter einem roten Banner mit, sagen wir: zwei gekreuzten Schiffchen und optional einer Uzi ihre Arbeit aufnimmt. Und es natürlich nicht bei flammenden Pamphleten über dieses und jenes und vor allem das Menschenrecht aufs Bootfahren belassen wird.

Zumal für Mitglieder der »Roten Schiffs-Fraktion« mutmaßlich praktisch alles, was sich ­irgendwie nicht auf dem Wasser fortbewegt, automatisch bekämpfenswerter Feind ist: die Bundesbahn, die Fluglinien, die Autobahnen, die Taxis, alles.

Vielleicht sogar Luft­matratzen, falls die Damen und Herren Terroristen zufällig bei einem großen deutschen Discounter einkaufen gehen, der hübsche Aufblasdingsie-Designs mit riesigen Warnaufdrucken verschandelt. Es wird jedenfalls ein großes, nicht glitzerndes Elend.