Der Zeichner liefert trotz Aufschieberitis rechtzeitig ein Bild ab

Der analoge Mann

Aus Kreuzberg und der Welt: Künstler und Auftraggeber

»Manchmal ist einfach der Wurm drin«, sagt Micha, aber ich merke, dass er mich nur beruhigen will.

»Ich weiß selbst, dass ich schuld bin«, antworte ich. »Ich bin ja über die Deadlines froh. Wenn ich nicht schon immer Deadlines gehabt hätte, wäre ich nie zu was gekommen. Diesmal hatte ich sogar Monate Zeit gehabt und habe wieder viel zu spät angefangen. Wie immer. Und dann wollte ich es aber doch gut machen, obwohl die Zeit knapp war, und habe überhaupt nicht an das Format gedacht.«

»Na, das war auch mein Fehler«, wendet Micha ein. »Ich hatte dir nur die Broschüre in die Hand gegeben, und ­ansonsten haben wir nicht darüber gesprochen.«

»Hätte ich ja einfach mal ausmessen können! Wie lange mache ich so was schon? 35 Jahre! Ich hatte mich ja sehr gefreut, als du mich gefragt hast, aber nach hinten raus lief ­alles falsch. Fünf fertige Entwürfe von dem Wimmelbild habe ich gemacht. Alle falsch. Ich bin echt überrascht, dass es dann doch so gut geworden ist«, sage ich.

»War doch klar«, meint Micha. Und diesmal beruhigt es mich tatsächlich.

(Telefongespräch des Künstlers mit Michael Wießler, Betreiber der Comicläden Modern Graphics, über ein Titelbild für die Modern-Graphics-Werbebroschüre für den Herbst und Winter 2023.)