Print’s Not Dead

In einer print-feindlichen Zeit wie dieser ein gedrucktes Magazin zu betreiben, noch dazu im Kulturbereich, grenzt an ein kleines Wunder. Während Zeitschriften wie Spex, Intro, De:Bug oder Juice in den vergangenen Jahren den Druck einstellen mussten, behauptet sich die Zeitschrift Das Wetter seit nunmehr zehn Jahren auf dem Markt. Anlässlich des Jubiläums ist nun eine Sonderaus­gabe des »Magazins für Text und Musik« in Buchform erschienen. Neben ausgewählten Texten aus früheren Ausgaben, darunter ein Artikel über die Rapperin Haiyti und ein Interview mit dem Schriftsteller Maxim Biller, versammelt der Band ein Vorwort des Journalisten Jan Kedves, eine »kleine Oral History« in Form eines Gesprächs von Mitwirkenden und neue Artikel.

Man erfährt einiges Neues, zum Beispiel Details über die Gründungsumstände des Magazins, über die Rolle, die der Herausgeber Sascha Ehlert und seine Familie hierbei spielten, und über mangelnde Freiheiten von angehenden Kulturjournalist:innen. Ehlert und seine Mitherausgeberin Katharina Holzmann reflektieren auch ihre eigenen Ansprüche ans Magazinmachen. Ihre Gedanken zeigen, dass der lässige am Mündlichen orientierte und mit vielen Anglizismen gespickte Stil der Zeitschrift von Anfang an intendiert war. Jan Kedves bezeichnet dies im Vorwort als »die Betonung des Subjektiven im Wetter«. Während das Schreiben in der Ich-Form im englischsprachigen Kulturjournalismus nicht üblich sei, habe Das Wetter im deutschsprachigen Raum damit Neuland betreten und sich so gegen eine »Simulation von Objektivität ­gestellt«. Eng damit verbunden ist auch der Stellenwert, den die Zeitschrift der Auseinandersetzung mit Diskriminierungsformen wie Sexismus und Rassismus einräumt, womit sie die politisierte Popkultur des vergangenen Jahrzehnts mitgeprägt hat.

Sascha Ehlert/Katharina Holzmann (Hg.): Das Wetter. Buch für Text und Musik. ­Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023, 384 Seiten, 22 Euro