Es geht um Osteopathie, Monarchie und das Ende der Pandemie

Sisi lebt und Herr von Lowtzow leidet

Die Lockdown-Beichte des Tocotronic-Chefs, ein Soloalbum von Oska Wald und schon wieder ein Film über Elisabeth von Österreich.
Die Summens Von

»So stelle ich mir das Gehirn vor: Da sitzen zwei kleine Personen, die beide wie man selbst aussehen, und spielen Schach. Die ganze Zeit.« Solche versponnen-phantastischen Gedankenspielchen finden sich in Dirk von Lowtzows soeben erschienenem Corona-Tagebuch »Ich tauche auf«, in dem er unter anderem von seinem ausgebremsten Leben ohne Auftritte, grüblerischen Spaziergängen, bohrenden Schmerzen im unteren Rücken und der Arbeit am Tocotronic-Album »Nie wieder Krieg« erzählt.

Zwar erfährt man zwischendurch auch Dinge, die einem nicht ganz so relevant erscheinen, zum Beispiel, dass der Sänger nasenspraysüchtig ist, aber dennoch haben wir die mal ironische, mal melancholische Selbstbespiegelung, den »Anti-Kerouac« dieser stillstehenden Tage von Lockdown zu Lockdown, gern gelesen.

Aus der Slacker-Perspektive lassen sich ganz entspannt die Space-Samurai »Mandalorian« und Baby-Yoda auf ihren neuesten Abenteuern begleiten.

Einen ähnlichen Ansatz wie von Lowtzow verfolgt der Berliner Musiker und Comiczeichner Oska Wald von der Band Chuckamuck auf seinem erste Soloalbum »Motel Reno«, inspiriert von dem Underground-Filmemacher George Kuchar. Einst hat dieser in einer Art selbstauferlegtem Lockdown sein eigenes Slacker-Dasein in einem Motel zur Kunst erklärt. Wald fasst sein Leben frei nach Kuchars Konzept nun in Songform und trägt so mit seinen Liedern zur Entspannung unseres Rückens mindestens genauso viel bei wie die Osteopathen des Herrn von Lowtzow.

Aus der Slacker-Perspektive lassen sich auch ganz entspannt die Space-Samurai »Mandalorian« und Baby-Yoda auf ihren neuesten Abenteuern begleiten. Die dritte Staffel fliegt wieder – mit der dramaturgischen Lässigkeit einer Achtziger-Jahre-Frühabend-Serie – über schwarze Löcher im Plot hinweg. Ja, space is the place, oder um es mit den Mandalorians zu sagen: »This is the way!« Vor allem, wenn es um heimisches Popcorn-Kino geht.

Summens Discokugel

Im wahren Kino startet »Sisi & Ich« von Frauke Finsterwalder. Wir wissen zwar nicht, was diese neuerliche Beschäftigung mit dem Sisi-Mythos soll (so befasst sich Karen Duve in ihrem gleichnamigen Roman mit der kaiserlichen Hoheit, Marie Kreutzer präsentierte in Cannes das Drama »Corsage« und Netflix hat bereits die zweite Staffel der Serie »Die Kaiserin« in Auftrag gegeben), aber die großartige Sandra Hüller als Sisis Hofdame und Georg Friedrich als Erzherzog Viktor sind ein derart böser Spaß, dass sich der Besuch im Lichtspielpalast allemal lohnt. Doch wehret den Anfängen: 15 Prozent der bundesdeutschen Wähler wünschen sich bereits die Monarchie zurück!

Vielleicht sollten die alle erst mal Tocotronic hören, um sich ein Bild von einem dandyhaften Bohemien zu machen, und wählen dann am Ende vielleicht doch lieber wieder die gute alte SPD.