Auf der Klimaautobahn nachts um halb eins
Also, wenn es nach den Gesprächen der vergangenen Wochen im Freundes- und Bekanntenkreis geht, hat uns die KI doch längst alle voll im Griff. Kein Skatabend mehr ohne Chat-GPT-Debatte. Keine Musiker:in, Autor:in oder Journalist:in, die sich nicht Sorgen um ihre Existenz macht. Selbst Beethovens zehnte Symphonie wurde bereits von einer KI posthum vollendet, und Netflix fing sich kürzlich einen derben Shitstorm ein, als der Dienst die Hintergründe seines Anime-Kurzfilms »Dog and Boy« von unserem künstlichen Kollegen zeichnen ließ.
Wie wohltuend, dass Andreas Dorau uns mit seinen bizarren autobiographischen Geschichten in seinem neusten Machwerk »Die Frau mit dem Arm« daran erinnert, dass Homo sapiens vor allem durch seinen undurchschaubaren Eigensinn brilliert und, noch viel wichtiger: amüsiert. Der berufssomnambule Sven Regener stand Dorau dabei wie schon bei »Ärger mit der Unsterblichkeit« schreibend zur Seite und hat gerade mit der Single seiner Band Element of Crime »Unscharf mit Katze« einen Song zur Zeit veröffentlicht. Ja, wo soll das alles enden, heißt es darin. Bestenfalls bringt die KI dem Menschen endlich Vernunft bei, damit unsere Kinder sich nicht mehr auf die Straßen kleben und über die Füße fahren lassen müssen. Und FDP & Friends beleidigen die menschliche Intelligenz nicht länger mit der Vision von »Klimaautobahnen«, sondern begreifen endlich, dass mehr Straßen nur zu mehr CO2-Ausstoß führen.
Die Berlinale hat längst umgedacht und wieder ihren »grünen« Roten Teppich aus alten Fischernetzen vor dem Berlinale-Palast ausgerollt. In der Sektion »Generation« eröffnet die Verfilmung des Bestsellers »Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war« das Festival. Damit bewies Schauspieler Joachim Meyerhoff, dass auch deutsche Autor:innen Bücher schreiben können, die urkomisch sind. Herzergreifende Szenen kann er aber auch. Nun hat sich die Regisseurin Sonja Heiss der Geschichte angenommen, und es ist ihr erstaunlich gut gelungen, die aberwitzige Atmosphäre des Buchs auf die Leinwand zu übertragen.
Auf Tiktok staunen wir unterdessen über DJ Boboss aus Nairobi, der sich aus Schrottplatinen ein DIY-Soundsystem gebaut hat. So wicked klingt die nächsten Jahre garantiert keine KI. Aber dank der Empfehlungsalgorithmen gelangt sein unfasslicher Sound mehr und mehr in westliche Sphären. Zurück dorthin, wo der ganze Schrott herkommt!