Der Kolumnist vertreibt sich den Tag mit »Robin Hood«

Man glaubt, man steht im Wald

Das Brettspiel »Die Abenteuer des Robin Hood« kopiert die reale Arbeitswelt.
Perfekten Genuss erleben Von

Bananenbrot zu backen, verträumt aus dem Fenster zu blicken, Falschparker in der Ordnungsamt-App anzuzeigen, das alles erlebt eine Renaissance. Zurückgeworfen auf die eigenen dreieinhalb Wände, haben die Leute plötzlich wieder Hobbys – etwa das gute alte Brettspiel. Das Versprechen ist: Man braucht gar kein Massively-Multiplayer-Game, keine perfekt gegenderten Leichen in 3D; ein bisschen bemalter Karton und ein paar mittelgute Freunde genügen.

»Die Abenteuer des Robin Hood« (aus dem Verlag Kosmos, 2021) hat der Packung zufolge den »Kritikerpreis 2021« gewonnen. Das hat mir sofort eingeleuchtet: Kritiker bin ich selbst, und seit Disney die Abenteuer des Räuberbarons mit diesem sexy Fuchs verfilmt hat, bin ich auch Genre-Fan. Das Spielbrett wirkt wie ein Adventskalender: eine Waldlandschaft mit Burg, in der man überall kleine Kartonteile herausnehmen und umdrehen kann. Robin Hood und sein Trupp bewegen sich entlang kleiner Holzstückchen durch den Wald, müssen im Schatten von Bäumen den Wachen des Sheriffs ausweichen und diese Papierteile umdrehen. Darunter stehen Nummern, die auf Stationen verweisen, über die das dazugehörige Buch informiert. Nach der Anweisung im Buch wird Zeug in einen kleinen Beutel geworfen: kleine Holzsteinchen, große Holzsteinchen, manchmal auch kleine Kartonstückchen. Dann zieht man diese Steinchen wieder aus dem Beutel, um erneut im Buch nachzulesen, was passiert.

Gemütlich im Wald rumzulungern, merry zu sein und es gepflegt den Reichen zu nehmen, ist jedoch nicht drin: Rote Sanduhren zählen unbarmherzig die Spielzeit herunter, ähnlich wie eine weitere Ressource, »Hoffnung«, die, wie in der wirklichen Welt, ständig im Schwinden begriffen ist. Weil das den Designern noch nicht stressig genug war, greift uns auch ständig ein böser Ritter namens Guy von Gisbourne an. Zugleich leiden die merry men an chronischer Erschöpfung: Gehen sie zu schnell, sind sie zu müde für die ganzen Raufereien mit den Wachen.

So führt man die Räuberbande wie ein modernes Start-up, sucht effiziente Routen, verabredet Übergabepunkte für Items und versucht, nicht an Erschöpfung zu sterben.

Für diese konsequente Wirklichkeitswiederholung gibt es von fünf von fünf Realismussternen!


An dieser Stelle schreibt Leo ­Fischer über seine persönlichen Erfahrungen in der Welt des ­Konsums. Seine Erlebnisse und Meinungsäußerungen erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.