Die Coronakrise macht auch linken Zentren zu schaffen

Solidarisch durch die Krise

Viele linke Zentren und Projekte befinden sich wegen der Pandemiemaßnahmen in existentiellen Nöten.

In jüngster Zeit häufen sich Berichte über gefährdete Kultureinrichtungen und Clubs, die wegen der Pandemiemaßnahmen entweder noch vollständig geschlossen haben oder nur für ein eng begrenztes Publikum öffnen können. Wenig hört man hingegen über die zahlreichen linken Zentren, die ebenfalls ab Mitte März schließen mussten. Manche haben mittlerweile den Betrieb unter Berücksichtigung der behördlichen Vorgaben wieder aufgenommen, viele haben noch immer geschlossen.

Die jeweilige Handhabung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört neben den unterschiedlichen Regeln in den Bundesländern auch die räumliche Beschaffenheit der Zentren. In Gebäuden mit großen Sälen sind eher Veranstaltungen möglich als in Häusern mit kleinen Räumen, die sich womöglich auch noch schlecht lüften lassen.

Als die Zentren Mitte März schließen mussten, hofften viele noch, dass die Pause nur einige Wochen dauern würde. Einige wollten die Zeit für Renovierungsarbeiten nutzen. Als klar wurde, dass die Einschränkungen länger andauern, stellte das einige der Zentren vor große Probleme. Während Einnahmen wegfallen, die die Zentren etwa über Eintrittspreise von Konzerten und Getränkeverkauf erzielen, müssen laufende Kosten bezahlt werden.

Forderungen nach Unterstützung durch den Staat kommen für die linken Zentren in Frankfurt am Main nicht in Frage.

Eine temporäre Mietstundung, wie es sie in vielen Bundesländern gab, ist keine Lösung. »Damit häufen sich nur Schulden an, die später abgezahlt werden müssen«, sagte Matthias Schneider vom linken Zentrum »Faites votre jeu!« in Frankfurt am Main der Jungle World. Das Zentrum in der ehemaligen Polizeiwache Klapperfeld konzentriert sich auf antifaschistische Arbeit und Gedenkpolitik. Schneider ist einer Initiatoren eines Spendenaufrufs, mit dem Geld zur Unterstützung mehrerer linker und antirassistischer Einrichtungen in der hessischen Stadt beschafft werden soll. Die Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Startnext hat Ende Juli begonnen und endet am 27. September. Bis dahin sollen 30 000 Euro zusammenkommen, die dann nach Bedarf an die einzelnen Zentren verteilt werden.

Unter dem Namen »Support your linkes Zentrum« haben sich die Einrichtungen »Faites votre jeu!«, »Centro«, »Community Space«, »Exzess« und »IZ – Internationales Zentrum« zusammengeschlossen. »Damit besinnen wir uns auf den alten Wert der Solidarität, den wir auch in unserer politischen Arbeit immer wieder verwenden«, so Schneider. Kaya Aydın aus dem IZ im Gallus findet es wichtig, dass diese Solidarität auch in der gemeinsamen Spendenkampagne zum Ausdruck kommt. »Wir wollen nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Deswegen haben wir uns zusammengetan und wollen einander unterstützen – unabhängig davon, wie sehr wir als individuelle Projekte von den Auswirkungen der Coronamaßnahmen betroffen oder gar bedroht sind.«

Forderungen nach Unterstützung durch den Staat kommen für diese Zentren nicht in Frage. »Es wäre absurd, vor staatlichen Stellen unsere System­relevanz beweisen zu wollen. Wir rufen unsere Nutzer und Unterstützer auf, durch die Spenden zu zeigen, dass wir für sie relevant sind«, sagt eine Unterstützerin der Kampagne, die anonym bleiben möchte. Doch den Initiatoren des Crowdfundings ist klar, dass es bereits zahlreiche Spendenaufrufe zur Rettung gefährdeter Projekte gibt. Zudem haben wegen der Krise viele der potentiellen Spender selbst Einkommen verloren. Schneider ist trotzdem optimistisch, dass das Spendenziel erreicht werden kann.

Auch in Hamburg haben fünf linke Einrichtungen eine gemeinsame Spendenkampagne initiiert. Beteiligt sind die antifaschistische Bildungs- und Erholungsstätte »Heideruh«, die »Rote Flora«, das Stadtteilzentrum »Centro Sociale«, der »Infoladen Wilhelmsburg« und das libertäre Kulturzentrum »Schwarze Katze«. Die Einrichtungen befinden sich in verschiedenen Stadtteilen von Hamburg – das »Heideruh« in Buchholz bei Hamburg – und haben politisch durchaus unterschiedliche Schwerpunkte. Doch diese »Pluralität linker Projekte« wird im Aufruf als eine Stärke bezeichnet, die unbedingt erhalten werden müsse. »Wir alle wollen weiterhin emanzipatorische Kämpfe führen und unterstützen. Dazu sind unsere Zentren notwendig«, sagt Schneider. Das habe sich in der Coronakrise besonders deutlich gezeigt. Er ist überzeugt, dass linker Widerstand von direkter Begegnung und Ausein­andersetzung lebt. Daher sei es auch keine Option, Proteste nur noch im Internet zu veranstalten.

Aber nicht in allen Städten ist eine Kooperation linker Einrichtungen möglich. In vielen Fällen gibt es schlicht keine Solidaritätsstrukturen. Davon sind besonders Institutionen betroffen, die subkulturell auf eine bestimmte Szene ausgerichtet sind. Stadtteilzentren, die Kontakte zu anderen örtlichen Einrichtungen haben, können hingegen eher auf derartige Strukturen zurückgreifen. Die Pandemiemaßnahmen wirken sich auch auf die Solidaritätsarbeit für von Repression betroffene Menschen aus. Schließlich dienen oft Publikumsveranstaltungen wie Konzerte dazu, Mittel für die Prozesskostenhilfe zu sammeln.

Die Rote Hilfe leidet indes nicht unter der Krise. »Wir erhalten in der aktuellen Situation Spenden und wir haben die regelmäßigen Einnahmen durch unsere Mitgliedschaft«, sagte Henning von Stoltzenberg, der dem Bundesvorstand der Solidaritätsorganisation angehört, der Jungle World.